Manche Menschen haben unwissentlich ein paar Dutzend Platten im Schrank stehen, die durch Giuseppe Ielasis Hände gegangen sind. Laut Discogs hat der Mailänder über 500 Releases gemastert, darunter vor allem Musik aus dem Bereich der Musique Concrète, Ambient, Sound Art, Noise oder Elektroakustik. Dort schließlich ist Ielasi selbst zuhause: In Klängen, die sonst eher als Zwischentöne aufgefasst werden. Mit solchen hat über 20 Alben gefüllt, entweder alleine oder in Kollaboration mit anderen Künstler*innen. »Aix« ist eines seiner besten und wird nun vom Label Keplar neu aufgelegt. Ursprünglich erschienen die neun Stücke im Jahr 2009 auf Taylor Deuprees Label 12k, bevor sie im Folgejahr als limitierte und mittlerweile begehrte Vinyl-Pressung über Minority aufgelegt wurden. Das erneute Reissue betont umso mehr, wie zeitlos Ielasis rhythmisch strukturierte Elektroakustik ist und wie fantastisch frisch sie auch ein Jahrzehnt später noch klingt. Das spricht einerseits für die Qualitäten eines Mastering-Engineers, andererseits aber auch für sein feines Gespür als Komponist. »Aix« arbeitet mit sehr diskreten Sounds, die kaum Wiedererkennungswert in sich tragen: Plirrt da ein Saiteninstrument oder doch nur ein Eierschneider, ist das Klavierakkord oder ein kurzes Geräuschsample, und wo überhaupt kommt dieses rumpelige Klopfen her? Genial ist aber vor allem, wie das alles in Raum und Zeit arrangiert wird. Hier wabert es schön repetitiv wie eine frühe Oval-Platte, dort wiederum ist viel Luft zwischen den einzelnen Zahnrädchens dieses abstrakt groovenden Getriebes zu spüren. Clicks’n’Cuts, Jazz, Improv: Das alles wird in ästhetischer und struktureller Hinsicht anzitiert, doch steht »Aix« allein auf weiter Flur. Und zwar als ein Musique-Concrète-Album, das mit Arschwackelqualitäten betört, die oftmals an Burnt Friedmans außernationale Riddims erinnern.
Aix