Review Hip-Hop

Ghostface Killah

36 Seasons

Salvation • 2014

Ayo, the Wu is back! Nach dem neuen Clan-Album »A Better Tomorrow« schickt Ghostface Killah nun unmittelbar im Anschluss seinen inzwischen elften Solo-Langspieler in die Spur. In der Comicecke hat sich die emsigste aller Wu-Killerbienen seit je her wohl gefühlt und nach »Twelve Reasons To Die« scheinbar richtig eingenistet. »36 Seasons« spinnt den Faden in bestem Konzeptalbumstil dann gekonnt weiter und die Geschichte ist schnell erzählt: Ghosts Alter Ego Tony Starks kehrt nach neun Jahren (gleich 36 Saisons) zurück in sein Viertel auf Staten Island und findet einen Scherbenhaufen wieder. Seine Liebste hat einen Neuen (hier personifiziert von Kool G Rap), die Hood ist zum Sündenpfuhl verkommen und sein Homie aus alten Tagen mittlerweile ein korrupter Cop (erstklassig dargeboten von AZ). Also schickt Starks sich an, seine Holde wieder zurück zu erobern und in den Straßen aufzuräumen. Im beeindruckend bildhaften Storyteller-Modus »slickrickt« er sich durch das Opus, das konzeptionell Erinnerungen an das vergessene Genrejuwel »A Prince Among Thieves« weckt. Selbst wenn da nicht mehr der hungrige Mittzwanziger der frühen Wu-Releases ins Mikrofon kläfft, versteht es Ghostdeini auch mit stattlichen 44 Jahren die Soulbretter der Revelations nach allen Regeln der Kunst zu rasieren. Die Livekombo aus Brooklyn kleidet »36 Seasons« dann in die passende musikalische Corsage aus typischen Wu-Zutaten, die mal bedrohlich (»The Dogs Of War«), mal gefühlvoll (»Love Don’t Live Here No More«) die Stimmungen der Novelle einfangen. Dabei spielen sie auch ohne Rapparts in Hochform, wie auf dem ergreifenden Cover des Persuaders Klassikers »Thin Line Between Love and Hate« So kreieren Rapper und Band ein atmosphärisch dichtes und kohärentes Werk, das den Hörer für 40 intensive Minuten in die Welt von Tony Starks abtauchen lässt und verruchten Blaxploitation-Streifen ebenso viel schuldet, wie martialischen Marvel-Comics. Passenderweise liegt dem cross-medialen Gesamtkunstwerk ein 24-seitiges Comicbuch diverser namhafter Zeichner bei. De facto haben wir es hier also mit einem der stärkeren Alben des ohnehin schon exquisiten Ghostface-Katalogs zu tun. Als hätte er im Vorfeld geahnt, dass die Fans von der neuen Wu-Tang-LP ziemlich enttäuscht sein werden.