Auf Hubro Music wird nicht nur an der Musik von morgen experimentiert. Das norwegische Label stellt auch gerne Musiker der zweiten Reihe ins Rampenlicht. Geir Sundstøl ist so einer. Auf über 260 Releases ist er zu hören, von a-ha bis Nils Petter Molvær, aber erst 2015 erschien schließlich sein Solodebüt »Furulund«, und zwar hier. Wie sein Labelkollege Stein Urheim ist Geir Sundstøl ein souveräner Multi-Gitarrist mit einem landestypischen Sinn dafür, Genres zu mischen. Sein Sound ist allerdings ein ganz anderer. Wo Urheim von Idee zu Geistesblitz stolpert, setzt Sundstøls Musik und Spiel behutsam eine Pfote vor die andere, ungezwungen, aber nichts dem Zufall überlassend. Sofort lullen die sanften Akkordstriche des Titelstücks seines zweiten Albums »Langen Ro« ein, über die Wellen segeln Pedal-Steel-Schwingen, und wenn dann die (beachtliche) Karawane der Klangbegleiter aus dem Schatten tritt, ist man schon im Fjordtraumland. Da ziehen dann vorbei Erland Dahlen und seine »Blossom Bells« der Bass von (Møster!-Mitglied) Nikolai Eilertsen und so einiges mehr (auch Elektronik), das sich auf dem ganzen Album in aller Sanftheit oft so unscheinbar hält, dass man es nur mit ganz bewusstem Ohr ausmacht. Sundstøl selbst spielt traditionelle norwegische Weisen (»Gråtarslaget«) mit der Shankar Guitar, Giorgio Moroders »Tony’s Theme« mit Pedal Steel (und umgekehrt), sowie eine National Duolian Resonatorgitarre als drittem Hauptinstrument; in exotischere Ecken seiner Sammlung führen Cümbüş oder Marxophon. Seine ganze Klangmeisterschaft entfaltet sich schließlich in »Røk«, einem angezerrten Solo für Pedal. Aber: So beeindruckend und erhaben »Florianer« von Patschuli-duftendem Blues zu Country-Lagerfeuer, zu Sternenhimmel und cinematischem Sonnenaufgang wandelt (worin Dahlen noch eine »Legokiste« als Instrument unterbringt): Man fürchtet, dass die getragenen, sich direkt als Filmthemen empfehlenden Melodien und Landschaftsbilder bald den Weg des Verderbens in TV-Doku-Soundtracks gehen werden, wie Garbarek und der halbe ECM-Katalog zuvor. Bedenkenlos zu Weihnachten der älteren Verwandtschaft schenkbar.
Dans Les Arbres
Phosphorescence
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