Dichter und durchdachter scheint sich der neue deutsche Folk-Untergrund seit einigen Jahren zu vernetzen, egal in welchen Teil des Landes der Blick nun wandert. Während Christian Schoppik und Katie Rich als Brannten Schnüre schon seit den frühen 2010ern eigentümlich surreale Lyrik in Rätseln aus Drone, Wandervogel-Folk und Ambient auflösen, trat quasi zeitgleich Johannes Schebler auf den Plan, um als Baldruin die Aufzeichnungen Stechapfel-induzierter Waldträume in rituellen Ambient zu gießen, Mit weniger blumigen Bildern ist es da leider nicht getan, denn die Resultate gerieten bislang bei beiden Projekten beinahe immer ebenso irritierend wie faszinierend. Gebündelt wurden sie schon einmal 2015 unter dem Namen Diamantener Oberhof, was ein Glücksfall für alle Freunde abseitiger Kopfkinoklänge war. Nun erscheint mit »Freundliche Kreisel« die nächste Kollaboration von Schebler, Schoppik und Rich, denen hier vielleicht ein vorläufiger Höhepunkt ihrer elektroakustischen Experimente gelingt, lustvoll verklärt, ekstatisch dahinschwebend. Gesprochen und gesungen, sind die Texte Schoppiks von einer wunderbar kindlichen Naivität durchzogen, nicht in ihren Formulierungen, aber ihrer frei assoziativen, träumerischen Gedankenstruktur. Dazu trägt auch Katie Richs Intonation bei, die in den meisten Stücken von Freundliche Kreisel mit einer Melange aus Deadpan und Dringlichkeit dominiert, manchmal auch im Duett mit Schoppick, aber stets durch die wilde Schwermut der Erinnerung kanalisiert. Dazwischen schwirren gezupfte Saiten und glitzernde Synthesen durch die Luft wie im »Lied vom sprechenden Wiesel«, schunkeln subtil sehnsüchtige Akkordeon-Linien während »Alleinesein« dahin, bevor Stücke von der Tiefe eines »Voller Sorgen« oder »Böser Tag« mittels abgefahrenem Sampling die ganze Kraft jenes sich langsam ausstreckenden Musikstils verkörpern, für den es noch keinen Namen gibt, keinen geben muss.
Freundliche Kreisel