Ist ja nicht so als hätte Finlay Shakespeare mit seinem Debüt bereits bessere Popmusik im kompletten Alleingang auf die Beine gestellt, als millionenschwere Billboard-Producer das mit ihrem fancy Equipment und einem ganzen Team an sogenannten Soundexperten hinkriegen. Jetzt macht der aus dem Nichts gekommene Singer-Songwriter-Producer auf »Solemnities« auch noch klar, dass er kein one trick pony ist und den wavigen Electro von »Domestic Economy« souverän weiterentwickeln kann. Einige Industrial-Nuancen werden dem immer noch sehr prickelnden Klangcocktail beigemischt, in dem Shakespeares Stimme mittlerweile sonorer, selbstsicherer denn je klingt. Mit etwas Wohlwollen ließe sich hier und da sogar der Eindruck gewinnen, dass der uneheliche Sohn Dave Gahans am Mikro klebt und noch deutlich mehr Charakter in seiner Stimme zum Ausdruck bringen kann. Doch besonders die durch kein Studioteam verwässerte Sequenzierung von handgemacht modulierten Drums, minimalistisch geschmückten One Shots und leidenschaftlichen Vocals macht das zweite Werk Shakespeares zu einem abermals flamboyanten Fest für Freunde quirliger Wave-Klänge abseits der Fließbänder. Mit potenziellen Hits vom Kaliber »Second Try« oder dem wunderbar runden »She Says/Nothing Ends« könnte der Mann, der in Bristol mit seiner Firma Future Sound Systems vor allem Eurorack-Adaptionen auf Basis des Gristleizers (ja, von Throbbing Gristle) bastelt, irgendwann tatsächlich als Ein-Mann-Kraftwerk groß rauskommen. Gegönnt sei es ihm.
Solemnities