Beim Titel »The Big Other« denkt wahrscheinlich jede/r halbwegs popkultur-interessierte GeisteswissenschaftlerIn an den als »Elvis der Kulturtheorie« verschrieenen Philosophen Slavoj Žižek bzw. an seinen Mentor, den Neo-Freudianer Jacques Lacan, und seine Denkfigur des »großen Anderen«. Jene Gedankenkonstruktion, die (platt formuliert) als das Nicht-zum-Selbst-Gehörende beschrieben werden kann, das zwar vom Subjekt abgekoppelt ist, es aber gleichzeitig konstituiert sowie strukturiert. Der »große Andere« kann also sowohl etwas Abstraktes wie Gott, Klischees oder soziale Normen sein als auch so unmittelbar wie der eigene Vater auf das Selbst einwirken. Durch den »großen Anderen« ist es uns allen erst möglich, die Realität mithilfe verschieden strukturierter Symbolsysteme begreifbar zu machen, wobei wohlgemerkt »The Big Other« nicht mit der realen Welt gleichzusetzen ist. Ähnlich schwammig wie dieser halbherzige Definitionsversuch tönt an manchen Stellen auch dieses Album. Dabei ist es weder so überintellektuell oder blutleer wie Lacan noch so verschwitzt und nervös wie der dozierende Žižek, im Gegenteil: das Material ist durchweg emotionaler Electro-Pop mit elegantem 80ies-Einschlag und eingängigen Melodien im Stile von Metronomy (dessen Ash Workman hier auch mitmischte). Nun ist nur die Frage, ob das eigene Selbst eher von Letztgenannten oder von Fiction beeinflussen werden soll…
Becoming Real
Solar Dreams/ Neon Decay EP
Moshi Moshi