Christian Fennesz gehört so selbstverständlich zum Kosmos des Labels Mego, dass man darüber komplett übersehen könnte, wie lange sein letztes Album für die Wiener Institution zurückliegt: 2001 erschien dort sein Klassiker »Endless Summer«, danach veröffentlichte er seine Platten zunächst anderswo. Mit »Bécs« kehrt er jetzt zurück zu seiner alten Adresse, die inzwischen als Editions Mego weitergeführt wird. Nach dem Drone-schweren Klangmassiv »Black Sea« von 2008 knüpft Fennesz wieder stärker an den abstrakten Pop seiner früheren Platten an. Das Störgeräuschwesen wurde modifiziert oder zunehmend komplex geschichtet. In der zentralen Nummer »Liminality« etwa geben Fennesz‘ nachbearbeitete klare Gitarrenakkorde die Struktur vor, darunter wütet digitales Rauschen, das sich allmählich nach vorne schiebt. Soweit alles wie gehabt. Doch wenn man es nicht wüsste, könnte man fast überhören, dass der Schlagzeuger Tony Buck, Pulsgeber des exilaustralischen Trios The Necks, eine versteckte Freiform-Einlage beisteuert: sein impulsiver Part wurde konsequent in den Hintergrund gemischt, wobei man nicht einmal mehr richtig erkennen kann, welche Trommeln er im Einzelnen spielt. Weitere Gastmusiker tauchen im Eröffnungsstück »Static Kings« auf, wo die Improv-Größen Martin Brandlmayer und Werner Dafeldecker mit stark verfremdetem Bass- und Schlagzeugspiel zu einer kaum greifbar schillernden Effekt-Melange beitragen. Die ballongroßen Fennesz-Drones gibt es ebenfalls, sie bleiben aber kürzeren Nummern wie dem Titelstück oder »The Liar« vorbehalten. Ein versöhnlicher Akustikgitarrenausklang – mit obligater Knister-Einlage – beschließt dieses reife Statement, mit dem Fennesz seinen vertrauten Ansatz behutsam verfeinert.
Becs