»They say I’m different« schrie es 1974 aus Betty Davis heraus. Damit verwies sie gleichermaßen auf das eigene Selbstverständnis, als auch auf ein freieres Frauenbild in der US-amerikanischen Gesellschaft. Plötzlich wollte sich Punk-Funk – insofern es diesen Stil jemals gegeben hat – aus den Kinderschuhen emanzipieren. Dass im Maghreb der 1970er Jahre ebenfalls eine vitale Funk-Szene florierte, schien dem Okzident aber bislang fern zu sein. Wie progressiv der Marokkaner Fadoul die Laszivität des Funks in die unzensierte Energie des Punks krachen ließ, kann man jetzt nachhören. Habibi Funk kuratierte aus diesem Grund aus losen 7-inches die LP »Al Zman Saib«. Ein Album, dass der Sänger selbst so nicht zustande brachte. So donnert die Platte mit »Sid Redad«, eine Eigeninterpretation des James-Brown-Klassikers »Papa’s Got A Brand New Bag«, spitzbogig am seichten 2-Step vorbei und lässt ohne sich vorzustellen Schweiß von der Decke regnen. Die stickige Luft Casablancas lässt Fadoul von Song zu Song nervöser werden und die ungefilterte Stimme wirkt immer weiter aufzurauen. Die dreiköpfige Band Les Privilèges drischt dabei stets gegen die Stimmgewalt an, kann sich jedoch allenfalls im instrumentalen Abspann profilieren. Während sich sukzessive ein roter Faden in die Kompilation einschleichen will, nähert sich mit der Interpretation von »All Right Now« die Symbiose aus nordafrikanischer Exotik und amerikanischem Hedonismus der Ultimo-Ekstase. Dass Alkohol und Anzüglichkeiten jedoch nicht in das Bild eines frommen Moslem passen, reflektiert Fadoul auf den zusammengeführten acht Songs, als lese man im Tagebuch eines Mannes, der zur richtigen Zeit am richtigen Ort die falsche Musik machte. Im August 1991 starb der Sonderling. Wie erfüllend jedoch das Leben eines Rockstars made in Marokko am Rande der Anonymität gewesen sein muss, erzählt diese Momentaufnahme auf inspirierende Weise.
Al Zman Saib