Jazz geht es gut. Jazz geht es sogar ganz hervorragend, zumindest aus Hörenden-Perspektive. In kaum einem Genre erscheinen die guten neuen Alben in solcher Regelmäßigkeit und Größe wie innerhalb des ehemaligen Lieblingsgenres deines verstaubten Deutschlehrers. 2024 sollte eigentlich auch beim Letzten angekommen sein, dass Jazz auch im Land der Angst und Verbissenheit ein lebendiges Genre ist, das – alles andere als elitär – kollaboriert und in den vielen Clubs der Republik für begeisternde Abende sorgt. Wer 2024 von Jazz spricht, kann sehr vieles sagen. Sollte aber einen Namen nicht unausgesprochen lassen, und das ist Brahjas. Der New Yorker Devin Brahja Waldman gehört zu den wichtigsten Vertreterinnen von kontemporären Jazz; seit einem guten halben Jahrzehnt legt der Mann nun Top-Alben vor. Das selbstbetitelte Album von 2019 gehört zu den absolut besten Jazz-Alben der jüngeren Vergangenheit. Sein neues reiht sich problemlos ein. »EEG Coherence« ist anders als »Brahja«, aber gleich gut. Besonders dank des begnadeten Gitarristen und Komponisten Sam Shalabi, der zwei der fünf Stücke komponiert hat, ist der Vibe auf »EEG Coherence« ein anderer. »Brahja« war Beat-liebender Spiritual Jazz. Die neuste Platte ruht weniger in sich, ist wesentlich getriebener: Wenn es gerade nicht wimmelt, droht es zu wimmeln. Brahja versteht Jazz als Beschwörung, sein Sound hat die Dringlichkeit der ganz großen Vorgänger*innen, jeder Titel will woanders hin, alle jedenfalls ins Jenseits der Dinge. Der psyched-out-Nahost-Vibe, den Sam Shalabi dem Ganzen gibt, hebt »EEG Coherence« final auf ein ganz eigenes Level. Eine Platte, die stellvertretend für den State of Jazz stehen kann – man wird über die reden müssen, am Ende des Jahres und darüber hinaus.
EEG Coherence