Kurzes Stutzen beim ersten Hören: Ist das jetzt etwa ein Al Jarreau-Album? Oder womöglich eines von Steely Dan? Bei »Criterion Of The Senses« als Reaktion nicht ganz abwegig. Die brasilianische Soul-Eminenz Ed Motta** mit seiner gebieterisch wandelbaren Stimme scheut sich jedenfalls nicht, den eigenen Vorbildern zu huldigen. Mit gutem Grund: Stehen sie doch für höchstes Handwerk beim Songwriting, in der Studioproduktion, und für perfekte Darbietung. Macht Ed Motta alles auch, von der samtig gehauchten Ballade über den dezenten Funk bis zum abgehangenen Rock – ja, doch – wie in der Schlussnummer »Shoulder Pads« mit Mottas Bekenntnis »I’m missing the eighties«. Dabei sind die gerade eines der Jahrzehnte, die so gar nicht verschwinden zu wollen scheinen. Bloß der AOR, der Adult Oriented Rock, musste in Sachen Salonfähigkeit erst bis zu seinem Yacht-Rock-Revival warten, um hipsteristisch goutiert werden zu können. Wenn man allerdings so kompetente wie leidenschaftliche Fürsprecher dieses Genren hat wie Ed Motta, braucht man nicht lange abzuwägen, ob das nun geht oder nicht. Vielmehr stellt man verwundert fest, dass man eine große Bereitschaft spürt, sogar das selbstverliebteste Gitarrensolo wie einen lange vermissten Freund in die Arme zu schließen. Weinen erlaubt, sowieso.
Criterion Of The Senses