Feldforschung betreiben, das kann in den Räumen von Leftfield-Musik bedeuten: Tatsächlich ins Feld zu gehen, überwucherte Pfade zu beschreiten, versteckte Bäche oder Höhlen zu erobern – und das alles in den tragbaren Field-Recorder zu packen, um dann zu Hause aus einem Katalog von Tönen und Klängen wieder analytische Tracks zu basteln. Ob das hier, bei Ear to Ear, namentlich Samuel van Dijk (u.a. bekannt als Multicast Dynamics) und dem ukrainischen Künstler Yevgen Chebotarenko, auch so gedacht ist, bleibt über die insgesamt mehr als 60 Minuten von »Live Recordings« unklar. Sicher ist, dass in diesen Stücken die Möglichkeiten der Akusmatik ausgereizt werden, dass Field Recordings auf synthetisch erzeugte Klänge treffen und so eine atmosphärische Soundkulisse entsteht, die eben auch von Bächen, Winden und auch Widrigkeiten der Natur geprägt ist. Ob man das als Analyse bezeichnen kann, sei dahingestellt: Obwohl der Zugriff auf die vier LP-Seiten von postindustriellen, untersuchenden Schichtverfahren geprägt ist, bleiben die vier Tracks textlich im Grunde immer der Sinnlichkeit verpflichtet. Das heißt: Ja, es ist Hirnmusik, und ja, es regt auch zur Spurensuche nach den Klangquellen an, aber es kommt bei allem Kalkül direkt aus dem Herzen und ist (fast) körperlich als Berührung spürbar.
Live Recordings