Drexciya war schon immer mehr als ein Musikprojekt. Drexciya, das war und ist eine musikgewordene Erlebniswelt. James Stinson und Gerald Donald schufen ein rätselhaftes Unterwasseruniversum, das afrofuturistische Ideen mit der clean-cripsen Klangästethik von Kraftwerk vermählte. Ihre Musik war angefeuert von treibenden Backbeats, die high auf unterkühltem Funk über die »Aquabahn« durch futuristische Klanglandschaften brausen, um die unerforschten Weiten des Lebens unter dem Meeresspiegel zu erforschen. Als sich Clone vor zwei Jahren aufmachte, den auf unzählige – und selbstverständlich nur noch für unaussprechliche Preise erhältlichen – Releases verstreuten Backkatalog in der umfassenden »Journey Of The Deep Sea Dweller«-Quadrologie neu aufzulegen, war das ein wahrer Segen. Jedoch fehlten entscheidende Teile des Drexciya-Kosmos‘, namentlich die Veröffentlichungen auf Tresor. Jetzt aber lässt sich auch der deutsche Eckpfeiler der Berlin-Detroit-Achse nicht lumpen und legt neben der EP »Hydro Doorways« auch das 1999 erschienene Debütalbum der beiden Ausnahmeproduzenten neu auf: »Neptune’s Lair«. Mit seinen irrsinnigen Grooves, schrägen Soundspielchen und rumorigen Synthesizer-Einsätzen bietet es Drexciya in Rein- und Höchstform. »Neptune’s Lair« mag nur ein Teil eines umfangreichen Gesamtkunstwerks sein, trotzdem bleibt es ein essentielles Album, dessen Einfluss kaum überschätzt werden kann. Während Donald als eine Hälfte von Dopplereffekt und solo als Arpanet sowie der ehemalige Tourbegleiter des Duos, DJ Stingray, die Fahne für 90er Electro mit Detroit-Techno-Kante und Acid-Sprenklern die Jahre weiterhin hochhielten, sind dieser Tage häufiger Sounds zu hören, die ohne Zweifel an Hommagen an die aquafuturistischen Visionen von Drexciya zu verstehen sind. Kein Wunder, denn der Glaube an eine bessere, wunderschöne und zugleich absurdere Zukunft wird nie alt, ganz wie die Musik von Gerald Donald und dem 2002 verstorbenen James Stinson nicht aufhören wird, zu begeistern.
Shining star