Review R&B und Soul

DopeGems

Necksnappin‘

Heavenly Sweetness • 2014

Plattensammeln hat schon etwas wehmütiges. Gerade wenn es einem Aufnahmen aus vergangenen Tagen angetan haben, dann bleibt oft der bittere Nachgeschmack, die so heissgeliebte Kombo oder Scheibe niemals live erleben zu dürfen. Zwar gibt es seitens YouTube & Co. mittlerweile einen unschätzbar wertvollen Fundus an digitalisiertem Zelluloid aus sämtlichen Jahrzehnten. Meine dort erlebten virtuellen Konzertbesuche suchen unter ihren realen Pendants aber meist aussichtslos ihresgleichen. Mit dem vorliegenden Album gibt es endlich eine weitere Ausnahme, die diese Regel bestätigt. Was die Sweet Vandals für die Wiederauferstehung des Deep Funk oder The Ruffcats zur Wiederbelebung des Street-Jazz-Funk á la Donald Byrd getan haben, das tut diese Pariser Instrumentalgruppe nun für obskuren Funk-Jazz der 1970er Jahre. Und zwar jenem, wie man ihn von Labels wie Groove Merchant, Mainstream oder Pablo gewohnt ist. Mit einem einbruchssicheren Groove-Grundgerüst, dass erlaubt ohne Rücksicht auf Verluste in voller Länge darüber zu solieren. Mit der manchesmal überheblichen Selbstverständlichkeit, mit der Steve McQueen als Bullit minutenlang auf der Überholspur schnurstracks eine Serpentinstrecke entlangschiesst. Geht nicht – gibt’s nicht. Genau darum geht’s hier; und deshalb geht’s eben so gut. Begriffe wie Radiotauglichkeit oder »State of the Art« werden wohlwollend gestrichen. Weder Gesang gibt’s, noch werden Standards abgeklappert. Die Produktion ist schön rauh die Spielart kompromisslos. Ein Elefant steht zwar im Raum – der heisst Coverband. Die ausgewählten Stücke sind allerdings für Kenner des Genres unverkennbar, was sich die Band auf die Fahne geschrieben hat – berauschende Kostbarkeiten. Die einzige Version, die ich je von einem Stück von Mike Longo gehört habe, hat sein früherer Arbeitgeber Dizzy Gillespie gemacht. Und von Material aus der Feder von Ramon Morris oder der Minority Band habe ich noch nie eine Coverversion gehört. Ich kriege zu viel, wenn ich daran denke, wie lange ich auf solch eine Band gewartet habe. Jetzt wo sie da sind, werde ich so schnell nicht genug von ihnen kriegen können.