Es braucht nicht den Bombast von fetten Gitarrenriffs, keine wabernden Feldaufnahmen und apokalyptischen Sirenen. Manchmal, ja, manchmal reicht die an Monotonie grenzende Reduktion, um wahre Brutalität zu schaffen. Die Chicagoer Band Disappears hat zwischen post-punkiger Sprödigkeit, krautrockendem Eigensinn und minimalistischer Strenge ihre eigene Nische aufgemacht und diese nach ihrem Debüt im Jahr 2010 über drei weitere Alben stetig ausgebaut. Unter dem trocken-vielsagenden Titel »Irreal« führen sie ihr musikalisches Programm konsequent weiter und schreiten inhaltlich weiter in Richtung Apokalypse voran. Alles an diesen acht, sich über eine Dreiviertelstunde ausbreitenden Songs klingt riesig, kalt und erbarmungslos dystopisch. Ein bisschen aus der Zeit gefallen wirkt die sparsame, ja spartanische Ästhetik von »Irreal« durchaus mit ihren Anspielungen auf Orwellsche Totalüberwachung, Asimovsche Roboterethik und esoterische Eternalismustheorien. Da aber kommen wieder Disappears Stärken in Spiel, die im nonchalanten Crooning von Sänger Brian Case ihren Höhepunkt finden. Wenn schon die Musik eher wie von Maschinen als tatsächlichen Menschen gemacht klingt, dann verstärkt eine dermaßen distanzierte Performance, wie Brian Case sie abliefert, die eh schon dichte Atmosphäre um ein Vielfaches. So lässt sich wahre Brutalität eben auch schaffen.
Irreal