Als hätte sich Björk an einem viel zu süßen Bonbon verschluckt. Dillon ist zurück, die Schnute ist ihr in‘s Gesicht gefroren, selten hat Wehleidigkeit so unnötig geklungen. Ein ständiges Nölen ist das, immer mit der Stimmlage einer Göre, die zwar noch keine zehn Jahre alt ist, aber nichts lieber macht, als sich in Liebeskummer hereinzusteigen. »The Unknown« klingt gleichzeitig pathetisch und kleingeistig, wenn Dillon z.B. von »mountains«, »valleys« und »raindrops« singt, während die Akkorde des Klaviers nicht gerade Täler und Berge meistern, sondern eher die zweite Stunde Klavierunterricht. Ich weiß ja: Das soll den Eindruck des Minimalistischen verstärken. Genau wie hallende Claps, dumpfe Kicks und wabernde Synths und der Subbass, der kaum wahrnehmbar unter der Oberfläche grummelt. Doch die Melodien langweilen. Das ist musikalisch wie textlich in seiner Aufarbeitung einer postmodernen Depression einfach zu sehr auf Neon-Zeitschrift-Niveau. Für spätpubertierende Großstadt-Mädchen, die Freitagabend erstmal gemeinsam s/w-Photobooth-Bilder machen, dabei rauchen und Wein trinken und sich bemühen super melancholisch und von Tiefe nur so triefend zu gucken, ist das genau der richtige Sound. Danach Berghain, Molly ballern, den Falschen bumsen, sich dann aber Montag wundern, »meimeimei, ich bin traurig, ich bin leer, ich will doch nur geliebt werden«, und dann schlaue Sprüche aus einem Standardwerk eines Englisch-Proseminars an der Uni auf Facebook posten. Alles an diesem Album wirkt plakativ und konstruiert: das Nebulöse, das Kindliche, die Dunkelheit, die nach Licht suchende ›Poesie‹. Ich spüre bei »The Unknown« keinen wahren Sturm und Drang. Ich spüre da nur den Drang Schiller zu zitieren, weil es zu dem Bild von einem selbst passt, das man der Außenwelt präsentieren will.
The Unknown