Machen wir uns doch nichts vor, eigentlich ahnten wir es alle schon von Anfang an. »We are now at our best and Death Grips are over«, hieß es im Juli 2014 via Facebook-Servietten-Nachricht. Ach so? Einen Monat zuvor noch veröffentlichte die Band »niggas on the moon« via Harvest Records – ihrem neuen Zuhause nach dem nicht gerade lautlosen Drop von Epic 2011 – als ersten Teil einer geplanten Doppel-LP namens »The Powers That B«. Acht Monate, eine gecancelte Tour mit Nine Inch Nails, und die lauwarme Instrumental-EP »Fashion Week« später, erscheint der komplettierende zweite Teil »Jenny Death«. Und der Veröffentlichung vorausgehend, quelle surprise: Videos, die Stefan »MC Ride« Burnett, Zach Hill und Andy Morin (angeblich) bei den Aufnahmen neuen Materials zeigten. Und um auch dem letzten ins Feuer zu pissen, die Ankündigung einer Welttournee. So viel zum Thema »over«. Bei jeder anderen Band würde sich schnell der PR-Stunt-Vorwurf nahe legen. Doch mittlerweile wissen wir, Death Grips geben einen Dreck auf PR – und betreiben dennoch geniale Selbstvermarktung.
2012 rief das Björk auf den Plan, die im Rahmen ihrer Biophilia-Remix-Serie zwei Stücke in Auftrag gab. Die stimmige Liaison von damals ist auf »niggas on the moon« leidiges Gimmick. Schuld ist das bis zur Unkenntlichkeit gechoppte und gescrewte, immer wieder kehrende Sample eines Björk-Gesangsfragments, das schnell nur noch nervig im Ohr kratzt. Zu Anfang subtil: »Up My Sleeve« schlägt zwischen sedierten Industrial-Beats Haken wie ein angeschossener Hase, um im überraschend tanzbaren »Billy Not Really« zu münden, das wie der Negativentwurf zu Björks »Hyper-Ballad« klingt. Nach spätestens einem Drittel nutzt sich der Sirenenruf ab, auch Burnetts Gebell wirkt uninspiriert und zahnlos.
Als Death Grips also vor einem Jahr behaupteten »we are now at our best«, konnte »niggas on the moon« unmöglich gemeint sein. Wahrscheinlich müssen sie damals schon geahnt oder gewusst haben, wie mächtig der Nachfolger »Jenny Death« werden würde. Gleich der Opener »I Break Mirrors With Face In The United States« erinnert wohlig an die unverstellte Rohheit des Debüts »Exmilitary« Das Double-Bass-Beatmonster feuert epileptisch, während MC Ride unbarmherzige Punk-Säure spuckt. »Spit on you, spit on me / All we know spit must be us«. Nach all dem Wirrwarr ihrer Anarcho-Aktionen der letzten Jahre, haben wir nämlich fast vergessen, weshalb wir Death Grips einst so leidenschaftlich geliebt (und gehasst) haben: Hip Hop erreichte durch sie ungeahnte, extreme, kompromisslose Dimensionen. »The Money Store« wurde zu einem der wichtigsten Werke der jüngeren Musikgeschichte.
Doch irgendwann danach ist Death Grips ihr Noise-Panoptikum um die Ohren geflogen, und Release für Release suchten sie sich neu zu positionieren. Vielleicht war ein gefakter Tod notwendig, damit sie wieder zu Höchstform aufzulaufen. »The Powers That B« brauchte »niggas on the moon« nicht als Cliffhanger, die Idee der Doppel-LP war völlig überflüssig. Mit »Jenny Death« allerdings feiern Death Grips gleich eine doppelte Wiederauferstehung. Falls hiernach überhaupt noch einer stehen kann.
Die Bewertung setzt sich wiefolgt zusammen: »The Powers That B« (6,9) = »niggas on the moon« (5,8) + »Jenny Death« (8,1)
The Powers That B