Eimerweise Perlen liegen in den Archiven der niederländischen Kassettenszene verschüttet, die ab 1978 aufblühte und bis in die 1990er Jahre hinein vieles von dem vorwegnahm, was in Westeuropa nach wie vor musikalisch Bestand hat. Da findet sich der Minimal Synth eines Gust de Meyer neben CHIs berauschendem Tribal Ambient und dem Industrial von De Fabriek oder Synth-Punk der Baader Pop Gruppe sowie unterschiedlichste Soundcollagen. Es war eine gute Zeit für die europäische DIY-Kultur jenseits von Musik als massentauglichem Lebensunterhalt – ein Spirit, der ja heute lebendiger ist denn je. Pascal Pinkert beschäftigt sich gerne mit der Freilegung oder Restauration dieser Ära, je nach dem von welcher Warte sein Schaffen im Kontext der retromanischen Gegenwart betrachtet wird. Einen guten Ruf genießt der auch als Dollkraut bekannte Musiker jedenfalls seit Jahren, nicht nur bei Nostalgikern. Jetzt serviert er zusammen mit Bassist Timothy Francis moderne Übersetzungen schummriger Darkwave-Vibes für Mark van de Maats Label Knekelhuis scheinbar direkt aus den Katakomben der Vergangenheit gechannelt. »Duistre Kamers« ist das erste vollwertige Album von De Ambassade und gleichzeitig ein spätes Glanzstück der klanglichen Möglichkeiten des Genres. Schon deshalb, weil derart minimalistische Wave-Musik nebst rauschhaft hallender Vocals in geschmeidigstem Nederlands so gut wie niemandem mehr einfällt, erst recht nicht auf Albumlänge. Hier wird bedient, was bedient werden will: Casioklangfarben in sepia, krosse Drummachines, unheilvoll melodische Motive, die sich elegant durch jedes Stück ziehen – und obendrauf ein zeitgemäßes Konzept über das Lebensgefühl isolierter Menschen, über die exzessiv sedierte Konsumära und solche, die ihr entfliehen möchten. »Zo Hoog Als De Bogen« lässt das mit seinem abgedunkelten Tenor schnell als hoffnungsloses Unterfangen erscheinen, bevor »Geen Genade« dann doch einen tanzbaren Eskapismusversuch unternimmt. Mitunter beschwört das von Sitar begleitete »Malefica« oder auch »Wat Voel Je Nou« dank seiner prägnanten Keyboard-Arpeggien die Atmosphäre einer verrauchten Kellerbar. Schließlich das »Wapengekletter« in düsteren Kammern voller Suchender ohne Perspektiven. Der bittere Beigeschmack hinterher ist also gewollt.
Duistre Kamers