Review Klassik

David Borden

Music for Amplified Keyboard Instruments

Spectrum Spools • 2015

Das Label Spectrum Spools war bei Reissues bisher eher zurückhaltend. Mit den Wiederveröffentlichungen von Robert Turman und Franco Falsini zeigte Labelkurator John Elliott dafür ein ausgezeichnetes Gespür für verschollene Juwele. Jetzt kommt David Bordens »Music for Amplified Keyboard Instruments« an die Reihe, ein majestätisches Werk eines zu Unrecht übersehenen Elektronik- und Minimalismus-Pioniers. Bordens Album erschien 1981 auf einem kleinen holländischen Label, ohne groß Beachtung zu finden. Dabei ist die Musik, eingespielt von Bordens Ensemble Mother Mallard’s Portable Masterpiece Company, dem ersten reinen Synthesizerensemble der Musikgeschichte, ein herrlich unterkühltes Beispiel für frühen Ambient, vor allem aber für Bordens fein entwickelten, an der Polyphonie der Renaissance geschulten Sinn für Kontrapunkt. Die beiden Teile aus seiner »Continuing Story of Counterpoint«, einer davon Robert Moog gewidmet, erinnern vordergründig an die Musik eines Philip Glass, lassen jedoch einen ganz anderen Umgang mit Melodien – und Synthesizern – erkennen. Borden hat seinen zwölfteiligen Kontrapunkt-Zyklus später in größerer Besetzung vollständig eingespielt, doch nur hier hört man ihn in komplett elektronischen Versionen. Wer häufig wechselnde Obertonspektren erwarten sollte, wird möglicherweise überrascht, denn Borden arbeitet in der Regel mit einem Sound pro Stück. Das hatte praktische Gründe, sind seine Kompositionen doch keine reinen Studioproduktionen, sondern zur Live-Aufführung gedacht. Wobei die permanente schnelle Bewegung, von sechs Händen ausgeführt, mit zur Faszination dieser Musik gehört, deren maschinelle Präzision stets auf Menschen angewiesen war.