Review

Cummi Flu

Z

Shitkatapult • 2015

Auf wen auch immer die Idee zurückging, dieses Album in einem Jahrtausendwende-Electronica-Kontext zu verorten (Künstler, Label oder Presse): sie ist abwegig. Wo dort der Groove von Frickelei zerfasert wurde, regiert er hier in rappeliger Hypnotik. Anstatt in melancholischer Pastorale findet man sich in einer vagen afro-asiatischen Exotik wieder, zu der Field Recordings und Artwork konspirieren (und die in ihrer Uneindeutigkeit ein wenig an Springintgut erinnert). Die Soundbasteleien schließlich lassen das Spektrum elektronischer Referenzen von Kinderspielzeug bis Glitch gleich ganz außen vor und schürfen stattdessen im Küchenschrank und Desk-Butler. Gummibänder sind die Geheimwaffe Oliver Doerells, der hier sein erstes Album als Cummi Flu vorstellt. Schlugen frühere Projekte wie Dictaphone oder Swod noch Brücken zwischen Elektronik, Jazz, Pop und Soundtrack, lässt Cummi Flu nun die Kategorien hinter sich und betritt geheimnisvolles Neuland. Die befreiende Wirkung dieser Sammlung von elf Stücken gründet v.a. darauf, dass unter Oliver Doerells Händen lauter unwahrscheinliche Töne zu Musik werden dürfen, sich durch Wiederholung und Arrangement als Melodie und Rhythmus behaupten, so als wäre tatsächlich alles möglich. Geschmackliche Weihe durch Veredlung spielt bei Cummi Flu nun keine Rolle. Kam auf dem Labeldebüt von Bandkollege Raz Ohara vor einem Jahr etwa jeder Sound wie auf dem Tablett serviert, so ist es hier die scheinbare Behelfsmäßigkeit der Mittel, die den obskuren Klängen ihren Charme verleiht, die ihren skurrilen Eindruck mit Nonchalance übertrumpfen. An den lockeren, aber klaren rhythmischen Zügeln läuft man mit und denkt: »So ist die Welt, eigentlich: unergründlich und unkaputtbar«. Das Warten auf ein bislang eher nur herbeigeschriebenes Electronica-Revival ist damit also wohl nicht zu Ende, aber umso angenehmer.

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Cummi Flu
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