Zwei schöne Menschen aus Toronto benennen sich 2003 wahlweise nach einem Spin-Off von »He-Man« oder einem Atari-Klassiker. Alice Glass, die Sängerin der Band, blödelte 2005 im Studio herum, irgendjemand schneidet mit und stellt das ganze unter dem Namen »Alice Practice« auf MySpace und schon wird aus zwei harmlosen Arcade-Afficionados die »most exciting and original band in the world right now«. Der Stoff aus dem Skepsis gemacht ist also. Aber im Falle Crystal Castles darf man dem Hype zumindest partiell glauben. Echt jetzt. Diese Mischung aus 8-Bit Pop, Elektro-Versatzstücken und Noise-Punk, so kalkuliert hip sie auch sein mag, sucht in ihrer Dringlichkeit tatsächlich momentan ihres gleichen. Eine nicht zu unterschätzende Leistung, wenn man bedenkt, dass die Konkurrenz im C64- und Gameboylager derzeit groß ist. Zugegeben: »Love And Caring«, »Alice Practice« und »xxzcuzx« klingen streckenweise als hätte jemand »Double Dragon« in die Mikrowelle gelegt und dazu ein ADHS-Kind mit Curling-Wiederholungen gefoltert. Gerade aber diese sperrigen, lärmenden Stücke akzentuieren das Debüt exzellent und heben die Brillanz von »1991«, »Air War«, »Vanished«, »Untrust Us«, der HEALTH-Neubearbeitung »Crime Wave« und »Courtship Dating« (bei dem sich Timbo für »Ayo Technology« bedient haben soll) noch weiter hervor. Fans der ersten Stunde werden ähnlich wie bei Vampire Weekends »Does It Offend You, Yeah?« vielleicht über zu wenig Neues klagen. Jammern auf hohem Niveau sind wir in Deutschland aber gewohnt.
Crystal Castles