Cécile Schott macht seit über zwei Jahrzehnten sonderbare Musik, deren Appeal leicht zu verstehen und schwer zu erklären ist. Ihr letztes Album als Colleen, »The Tunnel and the Clearing«, setze auf Preset-Rhythmen und schwurbelige Synthie-Klänge und klang also, als hätte Anadol eine LP auf Leaving veröffentlicht. Davor gab sie sich dezidiert pop-affin. Mit »Le Jour et le Nuit du Réel« widmet sich wieder den spielerischen Klangabstraktionen, die ihr Frühwerk geprägt haben. 21 instrumentale Vignetten, die ihren Anfang als Songs mit Gesang nahmen, bilden sieben Zyklen, die in ihrer Gesamtheit wiederum den Übergang von Tag zu Nacht nachvollziehen. Das Instrumentarium besteht aus Hardware-Synthesizern, Delays und einem Space Echo, der Sound ist dementsprechend kosmisch angehaucht – die Berliner Schule oder der »Big Ambient« von Synth-Nerd-Projekten wie den Emeralds bilden einen möglichen Referenzrahmen. Doch klingt »Le Jour et le Nuit du Réel« losgelöst von allen Traditionen. Es ist der Sound einer Komponistin, die durch das Mittel der Limitierung ihre eigene Entgrenzung auslöst und dabei dezidiert modernistisch klingt, sich also auf der Suche nach neuen Ausdrucksmöglichkeiten begibt. Ein Album, das nicht einfach nur ist, sondern sich im Werden befindet. Eine Seltenheit.
Le Jour Et Le Nuit Du Reel Black Vinyl Edition