Review

Colleen

Captain of None

Thrill Jockey • 2015

Alle Wege führen zum Dub. Schon die technische Umgebung, in der man sich als multi-instrumentaler Alleinunterhalter wiederfindet, hat diesen Drall. Bei der französischen Musikerin Cecile Schott, die sich hinter dem Namen »Colleen« verbirgt, kommen aber durchaus auch ganz explizit hörbare jamaikanische Einflüsse hinzu. Für die bedankt sie sich bei ihrem Partner Iker Spozio, dessen Artwork allerdings unmittelbar klar macht, dass wir es hier mit keiner gewöhnlichen Dub-Platte zu tun haben. In dieses unwirklich helle, gesprenkelte Mondlicht scheint das ganze Album getaucht, und in der Tat entführt es in eine märchenhafte Parallelwelt. Colleens Hauptinstrument ist nämlich die Viola da Gamba, in deren vorklassischem Sound ferne, auch mythische Zeiten mitschwingen. Zugleich nimmt Colleen Dub als Verfahren ernst und entwickelt ihre Kompositionen unmittelbar aus der Arbeit mit Filtern und Delaypedal. Die Sprache ihres Gesangs schließlich ist der Pop. Nirgendwo wird das so deutlich wie im letzten Stück, wo sich ihre französischen Phrasierungen von einer Steve-Reich-haften Begleitung in leicht dahinfliegendem Galopp durch ein klares Arrangement tragen lassen. Als experimenteller Gegenpol ragen die rasenden Handtrommeln heraus, die sie in »This Hammer Breaks« durch die Effekthölle schickt, durch steile Filter, Verzerrung und Chaos, in einer Art Kammerversion von HHY. In der Summe lebt das Album aber vom leichten Gang entlang gezupfter Loopfiguren durch ätherische Balladen, in denen geisterhaft verschimmerte Melodica und schwerer Bass jamaikanische Akzente setzen, zugleich Daumenklavier-Melodik oder Glocken- und Schellenrhythmen auf afrikanische Urgründe verweisen. Vielleicht sind es diese offenen Fenster in zeitliche Tiefe, die der bedroom-formatigen Kompaktheit von Colleens Musik eine kosmische Dimension verleihen, wie man sie bei Springintgut oder Golden Diskó Ship (zwischen denen man sie verorten könnte) nicht findet.