Es ist das unwahrscheinlichste Album dieser Tage. Colin Stetson ist Bass-Saxophonist. Ein Jazzer, der mit Fred Frith, Ned Rothenberg und Anthony Braxton musizierte und mit diesen den Weg des Ungezügelten ging. Andererseits Tourmitglied von Arcade Fire, auch mit TV On The Radio, Caural, The National oder zuletzt Bon Iver musizierend. Sein Soloalbum A New History Of Warare Vol.2: Judges klingt dann aber weder nach freier Improvisation, noch nach ausgeklügeltem Pop. Sein Trick ist es, sein Saxophon so zu spielen wie andere ein Didgeridoo, also mittels eine Blastechnik, die den tongebenden Luftstrom kontinuierlich zirkulieren lässt. Was dem kanadischen Musiker ununterbrochene Puste garantiert, lässt dem Zuhörer den Atem stocken. Denn das Resultat ist eine so noch nicht gehörte Musik, die die Klangfarbe des Jazz in die strukturelle Rhythmik zeitgenössischer elektronischer Musik übersetzt. Das ist dann mal ambient wie auf The Stars In His Head, mal groovend wie auf Judges, oder auch komplett auf die Rhythmik reduziert wie auf Red Horse. Aufgenomen wurden die Stücke meist in einem einzigen Take, ohne Loops und Overdubs, mittels unzähligen Mikrofonen, die den Holzbläser umgeben. Das gibt den Aufnahmen Direktheit und Intimität. Stimmlich helfen Shara Worden von My Brightest Diamond und Laurie Anderson hier und da aus. So auch auf dem Blues Lord I Just Can’t Keep From Crying Sometimes. Hier läuft dann alles zusammen.
New History Warfare Volume 2