Die Buchstaben verschwimmen, Worte aufgeschwemmt wie Wasserleichen in der Abenddämmerung prägen das Booklet zum zweiten Album »Neuroplasticity« von Cold Specks, jener Band, die sich um Songwriterin Al Spx geformt hat. Und genau diese flüchtige Düsternis, das leicht Morbide prägen hier das Bild. War das Debüt noch von Folk mit ein paar Erweckungsmomenten durchdrungen, gibt sich dieses Album ganz den Schattenseiten hin. Nichts mehr mit: »I am a goddamn believer.« Dafür gibt es Zeilen wie: »I’ve got an unrelenting desire to fall apart.« Und lasst, die ihr eintretet, alle Hoffnung fahren. Denn in der göttlichen Komödie von Al Spx gibt es keine Erlösung. Wenn Michael Gira von den Swans in »Exit Music« einstimmt, können auch die zärtlichen Strophen nicht darüber täuschen, dass dieses Album ein Zerwürfnis mit dem eigenen Selbst, eine Zerreißprobe ist, die niemand besteht. Selbst bei eingängigen Stücken wie »Bodies At Bay« bleibt das Gefühl, dass nichts auf diesem Album zusammenbleibt, dass hier Kräfte am Werk sind, die »Neuroplasticity« auseinanderdriften lassen. Al Spx bringt jedes Geräusch dieser Bewegungen unter, lässt es an jeder Stelle so sehr knirschen, wie es der Song aushält. »Absisto« pustet die Melodie schief, bevor hier alles ansetzt zum großen Ganzen. Zwischen all dem bekommt es Al Spx mit ihrer Band hin, dass dieses Album keine Referenzen hat, keine Zitate verarbeitet, sondern aus den tiefsten Ursprüngen der Musik schöpft: der eigenen Verlorenheit in einer Welt, die sich nicht verstehen und niemals fassen lässt. Alles vergeht eines Tages. Und auch das kann wunderschön sein.
Neuroplasticity