Review Dance

CJ Bolland

Camargue / Tokyo

STROOM 〰 • 1992

Was soll man zu »Camargue« im Jahr 2024 noch schreiben? Vielleicht, dass es nach wie vor eines der sensationellsten Dance-Music-Stücke aller Zeiten ist. Möglicherweise, weil es trotz seiner zweifellosen Hymnenhaftigkeit nicht auf einen funktionierenden Groove vergisst. Denn, so liebenswürdig flach das Drumming auch 31 Jahre nach der Erstveröffentlichung noch aus den Boxen klappert, »Camargue« atmet auf fast schon groteske Art und Weise Rave. Die sanften Akkorde, die wie Kondensabdrücke auf Glas verblassen, die Strings, die den Track Wolke um Wolke höher heben, und dieser etwas seltsame, federnde Bummel-Break nach viereinhalb Minuten, der diese Trance-Techno-Luftfahrt für die Ewigkeit doch nicht zu erden weiß, sondern die Lust nur noch steigert.

Auch »Tokyo«, übrigens ebenfalls 1992 unter Mitbeteiligung von Cisco Ferreira alias The Advent produziert, überzeugt restlos. Die verspielten Synths zu Beginn erinnern an Galaxy 2 Galaxys Klassiker »Hi-Tech Jazz«, tatsächlich bleibt der Track im Anschluss aber geradlinig und lebt von seiner rabiaten maschinellen Gangart, erinnert nicht von ungefähr an die epochemachende Warp-Compilation »Artificial Intelligence« aus demselben Jahr. Hektisch, aber keineswegs herzlos prasseln die Hi-Hats in Höchstgeschwindigkeit und erzählen, wie auch die übermächtige zweite Nummer auf dieser Wiederveröffentlichung, zischend von Zeiten, in denen Exzess nicht gleich Stupidität bedeutete.