Review

Charlemagne Palestine & Rhys Chatham

YOUUU + MEE = WEEE

Sub Rosa • 2015

Mit zwei Akkorden eine ganze Platte bestreiten und damit durchkommen, kann nicht jeder. Charlemagne Palestine, der stofftieraffinste Hawaiihemdenträger unter den Minimalismus-Pionieren, kann das. Ob allein oder in einer seiner vielen Begegnungen mit anderen Musikern, hat der Pianist und Stimmkünstler seit seiner berühmten »Strumming Music« die Auswahl seines Tonmaterials stets begrenzt gehalten. Was nicht für die Dauer seiner Stücke gilt. Mit Rhys Chatham hat er jetzt knapp drei Stunden an Musik eingespielt. Davon ähnelt der erste Teil, »First“«genannt, einer moderateren Variante der rasenden Zweitonfiguren von Palestines »Strumming Music«, umspielt von Chathams kreiselnder Trompete. Irgendwann stimmt Palestine noch mit seinem typisch krähenden Falsettgesang ein. Letzterer ist sicherlich gewöhnungsbedürftig, fügt sich aber gut zu den anderen Elementen, und am Ende wundert man sich, dass schon 40 Minuten vorüber sind. »Second« geht die Dinge noch ruhiger an, mit einem stehenden Orgelakkord und Gitarrenarpeggien von Chatham. Nach neun Minuten dann der erste Harmoniewechsel, doch wenn man sich erst einmal auf das Tempo eingelassen hat, hält sich die Spannung für die komplette Stunde dieses Stücks, mit einer sich allmählich verdüsternden Stimmung und Palestines missmutigem Obertongesang als Krönung. »Third« bringt die Klavier- und Orgelklänge der vorangegangenen Teile schließlich mit Chathams Trompete zusammen und löst sie in einer fast pastoralen Gelassenheit auf. Wäre da nicht im letzten Drittel eine dramatische Steigerung – bei der auch die zornigen Verlautbarungen Palestines nicht fehlen dürfen. Wie bei allen Platten, auf denen Charlemagne Palestine draufsteht, muss man seiner Eigenheiten eingedenk sein, doch hier geht die Sache bestens auf.