Hach, die wilden Siebziger – die große Zeit der Exploitation-, Sexploitation-, Nunsploitation- und Blaxploitation-Filme. Und natürlich das vornehmlich von italienischen Regisseuren geprägte Subgenre des Giallo. Unter Gialli versteht man Thriller, die von Mystery-Elementen durchwoben sind, gerne auf nackte Haut setzen und nicht mit Gewaltdarstellungen geizen – und dabei eine eigenwillige Ästhetisierungen verfolgen. Klar brauchen solche Streifen auch die passende musikalische Untermalung. Ein gefragter Komponist für Giallo-Vertonung war Bruno Nicolai. Der am Konservatorium in Rom ausgebildete Musiker war mit Ennio Morricone befreundet und hatte einen ähnlichen Werdegang: Wie Ennio Morricone setzte Bruno Nicolai auf die Zutaten klassischer orchestraler Film-Scores, angereichert mit unerwartet dazwischen tönenden Chören oder Pfeifen. Beim Score zu Carnimeos »The Case Of The Bloody Iris« zeigt sich Bruno Nicolai jedoch recht konventionell: Losgelöst vom Trägermedium Film haben die einzelnen Stücke zunächst kaum das Potential, sich über die Funktion von bloßer Begleitmusik hinwegzusetzen. Wer über die Fahrstuhl-Atmosphäre der A-Seite hinauskommt, gerät auf der B-Seite jedoch an Kompositionen, die wohl dann im Film zum Einsatz kamen, als die anfangs noch heile Welt zum Abgrund verkommen ist. Das trägt genug Knistern in sich, um auch als reiner Hörgenuss zu bestehen. Gleiches gilt übrigens für die »Your Vice Is a Locked Room and Only I Have the Key« EP, die eine vier Tracks lange Werkschau des Komponisten bietet: Kultig zwar, aber durchwachsen.
The Case Of The Bloody Iris