Review Dance

Bruce

Not

Timedance • 2023

Tape des Jahres 2024

Seine Stimme hat im Schaffen von Larry McCarthy, wie Bruce verwirrenderweise eigentlich heißt, zuletzt eine größere Rolle gespielt. Auf der EP »Invisible« von XRA, seinem gemeinsamen Projekt mit Lurka, waren bereits seine »sad-boi«-Vocals zu hören. »Not« für das Bristolische Qualitätslabel Timedance kommt dennoch überraschend: Mit elektronischem Art Pop statt bassiger Dance Music erfindet sich McCarthy darauf als schmachtender Barde neu. Wäre das Prädikat Future R’n’B mittlerweile nicht angestaubt, es ließe sich vielleicht hier anwenden. Der Pressetext nennt Scott Walker als eine Referenz und das scheint zumindest ein kruder Vergleich zu sein, der am ehesten auf dem von New-Age-Akkorden geprägten »Lassoo« anwendbar scheint: Hoch und runter geht die Stimme, im Gesamten klingt es dann aber doch ein bisschen so, als habe jemand Sade durch den Deconstructed-Club-Mixer gezogen. Der ebenfalls fallende Verweis auf David Sylvian allerdings trifft irgendwie ins Schwarze: Wie der vormalige Japan-Sänger baut sich McCarthy elaborierte, von komplexen und doch dezenten Rhythmen getragene und mit Ambient-artigen Klängen ausgekleidete Songs, auf denen er sich als unkonventioneller Sänger inszeniert. Clubmusik ist darin nur noch als Spurenelement enthalten, was bisweilen an neuartige R’n’B-Entwürfe wie den von Smerz denken lässt. Vor allem wenn McCarthy wie in dem von einer sanften Kontrabassline angetriebenen »Flakes« in die höheren Register geht, hat das tatsächliches Hit-Potenzial wie einst beim frühen James Blake: Es geht aus dem musikalischen Leftfield direkt ins Herz. »Not« ist das sicherlich ungewöhnlichste Releases eines Produzenten, dessen Werk von unerwarteten Entscheidungen und also Überraschungen geprägt ist. Und zugleich eines seiner besten.

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