Review

Broadcast

Maida Vale Sessions

Warp • 2022

Wahnsinn: ganze elf Jahre ist es schon her, dass Broadcast-Sängerin Trish Keenan viel zu früh aufgrund einer Infektion mit der Schweinegrippe verstarb und die Band bald danach auseinanderbrach. Als das Label Warp dann letztes Jahr Raritäten der anderen großen englischen Indietronica-Band Stereolab (»Electrically Possessed – Switched On Volume 4«) zugänglich machte, war es nur eine Frage der Zeit, bis auch Broadcast wiederveröffentlicht wird. Neben »Microtronics – Volumes 1 & 2« (ursprünglich von 2003 und 2005) und »Mother Is the Milky Way« (von 2009) kann man nun auch endlich die vier BBC-Radiosessions genießen. Zwischen 1996 und 2003 in den Londoner Maida Vale Studios aufgenommen (drei Sessions davon für John Peel), sind hier alternative Versionen bekannter Songs vor allem der ersten beiden Alben sowie der EP »Book Lovers« versammelt. Dazu gibt es seltene Sammlerstücke wie das Nico-Cover »Sixty Forty« und »Forget Every Time«, das ausschließlich in der ersten Session von 1996 offiziell aufgenommen wurde. Trish Keenans einfühlsamer Gesang zusammen mit den Einflüssen aus 60ies-Psychedelia, Soundtracks und experimenteller Electronica formen auch auf diesen Live-Aufnahmen den unverwechselbaren Broadcast-Sound. Der will zwar aufgrund seiner harmlosen, optimistischen, teils zuckersüßen Ausrichtung nicht so recht in die jetzigen, sehr viel düsteren Zeiten passen. Allerdings führen die »Maida Vale Sessions« gleichzeitig vor Augen, dass verspielte und zuversichtliche Strömungen in der Popmusik noch nicht allzu weit in der Vergangenheit liegen. Das sollte nicht nur Sammlerherzen mit Hoffnung auf eine sonnigere Zukunft erfüllen.