Im Jazz spielt die Harfe eher eine Außenseiterrolle. Trotz prominenter Fürsprecherinnen wie Alice Coltrane oder Dorothy Ashby. Heute gibt es immerhin ein kleines Harfen-Revival mit den Musikerinnen Alina Bzhezhinska, Kathrin Pechlof und vor allem Brandee Younger. »Brand New Life« ist Youngers zweites Album für das Label Impulse!, und sie blickt darauf gleichermaßen zurück wie nach vorn. War das vor zwei Jahren erschienene »Somewhere Different« noch etwas unentschlossen zwischen leicht rockiger Fusion und souligem Jazz, so mischt Younger diesmal die Stile noch selbstbewusster und erfolgreicher, mit einer Hommage an ihre 1986 verstorbene Kollegin Ashby, von der die Hälfte der Kompositionen stammt.
Wenn Younger sich verneigt, geht sie gerne impressionistisch vor, gestattet sich aber auch, wie in »Livin’ and Lovin’ in My Own Way«, bei Bedarf dezente HipHop-Breaks, programmiert von Pete Rock. Ein richtiges Schlagzeug gibt es auch, bedient vom visionär-variablen Makaya McCraven. Und in Ashbys »Dust«, bei Younger auf Reggae-Basis, übernimmt Meshell Ndegeocello in ihrer unaffektiert zarten Art den Gesangspart. Überhaupt orientiert sich die Länge der Stücke am Songformat, so dass die Beteiligten gar nicht erst auf die Idee kommen, sich selbstdarstellerisch in Soli zu verlieren. Brandee Younger braucht schließlich keine Frickeleinlagen, um ihre Virtuosität unter Beweis zu stellen. Ihre Brillanz liegt in der eleganten Zurückhaltung. Bis zum Schluss, einer Soloversion von Stevie Wonders »If It’s Magic«, in der sie sich ganz dem Song hingibt. Ein unaufdringlicher Triumph.
Brand New Life