Darrell Earnest Fitton ist eine echte Instanz in der britischen elektronischen Musik – und doch einer der unbekanntesten. Ende der 1980er Jahre gab er zwei Jungspunden namens Rob Brown und Sean Booth Zugang zu seinem Studio und befeuerte so die Karriere von Autechre Auf der zeitlosen Warp-Records-Compilation »Artificial Intelligence II« tauchte er 1994 mit gleich zwei Titeln auf, obwohl er zuvor nicht wirklich in dieser Szene einen Namen hatte. Und er prägte mit seinem Mastering den Sound des Manchester-Labels Skam Records entscheidend mit. Erst 1998 veröffentlichte er mit »Soup« sein Debütalbum als Bola und kreierte damit fünf Jahren zu spät einen perfekten Blueprint für das ominöse Genre IDM: Melancholische, raumgreifende Synthesizerflächen unter verspielten Melodien und zerknautschten Beats. Seitdem hat der Mancunian in eher sporadischen Abständen seinen eigenen Stil weiter verfeinert und mikroskopisiert. 2007 merkten man dann bei seinem fünften und vorerst letzten Album »Kroungerine« doch erste Verschleißerscheinungen, die in Stagnationslage um sich selbst kreisten. Eine Nachfolge war da nicht zu erwarten, auch wenn Bola seit mehreren Jahren von einem Nachfolger redet. Nun also, zehn Jahre nach dem letzten Lebenszeichen, holt der alte Hase noch einmal aus – und verabschiedet sich zugleich. »D.E.G.« ist so bunt, melancholisch und klanggewaltig, wie es IDM jemals war. Bola zeigt, dass er nach über 30 Jahren Synthesizerarbeit weiß, wie man den perfekten Klang herauskitzelt. Alles vibriert überlebensgroß und glänzt lebendig. Kein Raunen ist zufällig. Wie auch bei der großartigen Gestaltung des Gatefoldcovers bleibt verborgen, was genau man dort wahrnimmt, selbst wenn die Details so eindeutig und klar wirken. Es wäre das perfekte Revival nach zehn Jahren Abstinenz. Stattdessen verbirgt sich hinter »D.E.G.« jedoch der Abschied, denn »Darrell Earnest is Gone«, wie der Fiftysomething jüngst in einem Interview verriet. Sein sechstes Bola-Album soll auch sein (wirklich) letztes sein.
D.E.G.