Review

Błoto

Grzybnia

Astigmatic • 2024

Als das Schwammerl zur Metapher wurde! Błoto kriegen es hin und machen sich dabei nicht mal lächerlich. Im Gegenteil: »Grzybnia« löst nicht nur steif gewordene Gelenke, sondern macht auch alle Hobby-Mykologen glücklich. Passend zur Jahreszeit, in der sich Sammler schon längst im tiefen Geflecht herumtreiben, gibt es von der polnischen Band vierzig Minuten musikalische Pilzkunde zur Kontemplation. Ideell ist »Gryzbnia« die Auflösung von »Kwasy i Zasady« (dt. Säuren und Basen), das sich mehr mit der Zerrissenheit der Menschheit im 21. Jahrhundert beschäftigt.

Im Zentrum des jetzigen Albums steht das Mycel, sozusagen die Grundstruktur aller Pilze und Schimmel. Die Metapher? Anders als andere Wurzelsysteme funktionieren Myzelien nur in Kooperation mit anderen Organismen. So will auch Błoto jetzt weniger die Differenzen, als die Gemeinsamkeiten in unserer fragmentierten Welt aufs Podest heben. Von »Łysiczka« über »Shiitake« bis »Zasłonak« wurzeln sich die Wrocław-based Jazz-Futuristen in eine seltsame, doch sehr unterhaltende Ekstase. Und wenn es Latarnik, Cancer G, Wuja HZG, and OlafSaxx nicht verständlich machen können, dann vielleicht Nobelpreisträgerin Olga Tokarczuk: »Das Mycel gedeiht, indem es die letzten Reste des Lebens aus dem zieht, was stirbt, sich zersetzt und in der Erde versickert. Das Mycel ist das Leben des Todes, das Leben des Verfalls, das Leben dessen, was gestorben ist.« 

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Bloto
Grzybnia
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