Michel Esteban hatte ein Händchen für den richtigen Moment. Der Franzose veröffentlichte 1975 als einer der ersten ein Magazin über Punk und brachte im folgenden Jahr das brodelnde No-Future-Geschrei der Sex Pistols nach Frankreich. Später gründete Esteban in New York das Plattenlabel ZE Records um Bands und Künstler*innen wie Suicide, John Cale und Lydia Lunch aufzunehmen, hing im Warhol’schen Dunstkreis mit Patti Smith und Robert Mapplethorpe ab und war auch sonst immer genau dort, wo die Popkultur die Türen der Vergangenheit aus den eingerosteten Angeln bugsierte. 1982 entschied sich Michel Esteban, selbst ins Studio zu gehen und den abgewetzten Nietengürtel des britischen Punk um die Kunst an der Lower East Side sowie den französischen Existentialismus zu schnallen. Er nannte sich Bella Vista und produzierte exakt einen Song – »Mister Wong«. Wieso es bei dem einmaligen Vergnügen blieb ist genauso ungeklärt wie die Frage, was der ominöse Mister Wong ihm angetan hat, um zu der ungeteilten Ehre des Songtitels zu kommen. Fakt ist: »Mister Wong« bringt alles mit, um auch 37 Jahre nach seiner Originalveröffentlichung jeder Ü-40-Disco-Night-Party den fehlenden Pfeffer in den Schritt zu kippen. Von dem Augsburger-Puppenkisten-Glissando über den in Synthesizerklänge gepressten Kurzurlaub auf den Balearen bis hin zum Slap-Me-Tenderly-Bass, der sich ebenso smooth über den Tanzboden schleicht wie ein Krimineller – es ist unmöglich, nicht zu diesem Stück mitzuschunkeln. Esteban hat dem ganzen Zinnober schon damals eine Dub-Version« spendiert. Isle of Jura das die Platte jetzt neu auflegt, legt zusätzlich eine »Extended-Version« mit eigens eingespieltem Klöppelwerk obendrauf. Sollte man sich unbedingt geben.
Mister Wong