Gute Alben sind mehr als eine Sammlung guter Songs. In ihrem Zusammenspiel können sich Erfahrungen entfalten, die ein Stück allein nie erreichen kann. »Relikte aus der Zukunft« lädt uns auf eine solche Reise ein. Ausgangspunkt ist ein Wohnzimmer in Wiesbaden. Johannes Schebler entwirft dort als Baldruin mit seinem Midi-Keyboard fantastische Soundscapes. Sie sind mit Ambient liiert, liebäugeln mit Welt- und Neuer Musik. So kombiniert etwa der Titeltrack »Relikte aus der Zukunft« ostasiatisch-klingende Streichern mit spektralen Synths. Bei allen Songs handelt sich um atmosphärische, konzise Kompositionen. Ihr Arrangement offenbart ihren cineastischen Charakter. Wie der Soundtrack eines Fantasy-Films wechselt das Album zwischen verschiedenen Szenen.
So bieten die kavernösen Drones von »Wurzeltrank« einen magischen Iniationsritus. Es folgt ein »Ritt auf der Silberechse« mit pseudo-indischen Klängen. Wir treffen einen »Durchsichtigen Freund« und seinen Obertongesang. Baldruin wandelt auf schöngeistigen Pfaden, die sich zeitweise an Stereotypie grenzen. Die Reise findet ihre Klimax in den gläsernen Synths einer unglücklichen Affäre: »Rätselhafte Anziehung«, »Verführt«, »Zurückgelassen«. Am Ende steht »Der einsame Geist« zwischen Melancholie und Hoffnung. Wer auf (die historische) Romantik allergisch reagiert, ist hier falsch. Ein Streifzug durch Baldruins Imagination mag jedoch so manchen Wanderer über dem Nebelmeer bezaubern.
Relikte Aus Der Zukunft