Zu den schönen Seiten der Welt gehört, dass es da draußen einfach sehr viel Unentdecktes oder zumindest weitgehend Unbekanntes gibt. Das kann man dann für sich entdecken und sich daran erfreuen. Wie das vor fast 50 Jahren, 1974, erschienene Album »Music Now for Harp« der Harfenistin Ayako Shinozaki, auf dem sie neue Musik für ihr Instrument der Komponisten Toru Takemitsu und Katsuhiro Tsubono darbietet. Das älteste Werk ist Takemitsus »Stanza II« von 1971. Offene, luftige Stücke mit viel Sinn für Raum und erfreulich wenig ausgestelltem Virtuosentum. Als Höhepunkt folgt auf der zweiten Seite ein 25 Minuten langes Epos, gemeinsam mit dem Geiger und Komponisten Takehisa Kosugi eingespielt, eine rätselhafte Begegnung aus verfremdeten Geigenklängen, verstreuter Perkussion und von still voranstastender Dynamik.
Man könnte an eine avantgardistische Version der handgeklopften Zither-Ambientscapes von Laraaji denken – in der Musikkritik folgt das Vergleichen ja gern dem Impuls zu verstehen zu geben, dass man in seinem Leben schon mehr als eine Platte gehört hat. Dabei braucht Shinozaki den Maßstab des männlichen Kollegen gar nicht, ihre Musik steht sogar ganz hervorragend für sich. Keine wattigen Flächen, stattdessen spinnt sie feine Fäden, die man im Ohr langsam zu einem größeren Gewebe zusammensetzen kann. Und schon ist die Welt wieder etwas schöner geworden.
Music Now For Harp