Da rutscht einem das Herz in die Hose vor Freude: Eine eMail im Posteingang, die eine neue Platte von Aphroe ankündigt. Einen Klick weiter machen sich die ersten Fragezeichen breit. Nicht die erhoffte Solo-Platte, sondern »90«, eine Hommage an den US-Rap der 1990er Jahre. Was das sein soll? Kein Nebenprojekt, aber auch kein richtiges Album. Denn die zehn Tracks sind alles Nummern von anderen Künstlern wie Gang Starr oder A Tribe Called Quest, die Aphroe neuinterpretiert hat. Aber von Covern kann auch nicht die Rede sein, denn die Texte sind zwar ins Deutsche übertragen, aber nicht bloß übersetzt. Die Syntax der Originale hat natürlich trotzdem ein wenig abgefärbt. Aber egal wer, wo, wie und warum 90 katalogisieren mag, diese Dinge spielen keine Rolle mehr, wenn die vierzig Minuten der Platte durch sind. Der Geist der bisher besten Phase des Hip Hop pumpt durch jeden einzelnen Track. »Wer hält das Wort« kupferte Aphroe bei Nas ab, in »Steh Auf Und Handel« vergoldet er die Jungle Brothers samt Abstecher zu Grandmaster Flash. Verschiedene Producer wie PH7 oder DJ Stylewarz haben die Instrumentals passend aufgearbeitet und es auch geschafft, dass sich »90« wie ein eigenständiges Album anfühlt. Zu original, um ein Cover zu sein, zu gecovert, um ein Original zu sein; und genau dieses Zwischending macht den ganzen Reiz der Sache aus. Dass Aphroe es schafft, den alten Geist in den Tracks zu halten ohne sich dabei selbst zu verstecken, zeigt nur einmal mehr, was für ein Ausnahmekünstler er ist. Altbekanntes, neu und frisch. So soll es sein. Ehre, wem Ehre gebührt. Aphroe hat sie definitiv verdient. Und das nicht erst seit dieser Platte.
90