Anna-Marie Odubote ist die Art Produzentin, die sich für eine Woche im Studio vergräbt und mit den dabei entstandenen Tracks den besten Mix des Sommers aufnimmt. Odubote ist aber noch in anderer Hinsicht eine Ausnahmefigur der britischen Szene, weil sich bei ihr überhaupt die Frage stellt, welcher Szene denn genau. Unter dem Namen Anz würfelt sie seit einigen Jahren mit einer Radikalität Elemente aus allen Ecken des Hardcore Continuums durcheinander, dass es nicht nur die Kategorisierung, sondern auch das Stillhalten verunmöglicht. Für »All Hours« heuert sie auf Ninja Tune an und versucht sich an clubkompatiblem Storytelling: Die sechs Stücke sollen den Soundtrack zu einer Art 24-Stunden-Rave darstellen. Es geht dementsprechend langsam mit buttrigen Basslines und gleißenden Synthies los, bevor »You Could Be« sich dank der Vocals von George Riley als verspäteter Sommerhit anmeldet. Nachdem der Hybrid aus Electro und UK Garage die erste Schicht auf dem Dancefloor eingeläutet hat, geht es dort direkt mit »Real Enough to Feel Good« mit Rhythmen zwischen Garage und Dubstep weiter und also tiefer in die Nacht hinein. »Inna Circle« lässt klassischen 1980er-Electro auf Jungle clashen, bevor »Last Before Lights« Jungle-Breaks und Rave-Signale durcheinanderpurzeln lässt. Da gibt danach das Outro mit seinen retrofuturistischen New-Age-Klängen noch genug Zeit, die Nase gründlich auszuspülen und sich wieder ins Bett zu stecken – bald ist wieder Montag und nach vier Nächten geht alles wieder von vorne los. »All Hours« ist ein gewaltiger Trip und noch so eine Seltenheit im Bereich der Dance Music überhaupt: Eine EP, die eine Geschichte erzählt, statt DJs lediglich Stückwerk anzubieten. Eben so ein Release, das auch nur Odubote hinbekommt.
All Hours