Nach dem vielgelobten Solodebüt »Hopelessness«, das unter ihrem neuen Namen Anohni 2016 erschien, feiert die Sängerin, Künstlerin, und Trans-Aktivistin mit ihrer Band Anohni & the Johnsons ein überraschend souliges Comeback. »My Back Was A Bridge For You To Cross« ist das erste Album seit der Auflösung der Gruppe im Jahr 2012, und wartet mit einem illustren Kreis neuer Bandmitglieder auf: Jimmy Hogarth, Songwriter von Amy Winehouse, Duffy, Sia, und Leo Abrahams, Kollab-Partner von Brian Eno, Imogen Heap, Regina Spektor, sind mit im Boot, das im Fahrwasser von Marvin Gayes »What’s Going On«, von Nina Simone und Billie Holiday, auf eine Gegenwart zusteuert, die als schrecklichste aller Zeiten (»Why Am I Alive Now?«) besungen wird.
Auf keinesfalls resignierende Art jedoch spenden Stimme und Texte Anohnis Trost, gerade weil sie wütend, wehrhaft und zerbrechlich sind. Die zehn Songs wirken wie live eingespielt, und entwickeln ihren Reiz nicht so sehr durch Melodie und Akkordfolge, sondern durch eine fast schon anachronistische, unglaublich weite Dynamik, die auch noch großartig klingt. Ein schwingender, organischer Sound entsteht aus zurückgenommenen Arrangements, an die »lushness« einstiger Soul-Produktionen wird mit dezentem Einsatz von Streichern oder Backingvocals respektvoll erinnert. Die Band zieht die Bühne auf für Anohnis Stimme, die klar das Zentrum des Albums bildet. Erst spät realisiert die Platte ihr Potential, zum ersten Mal vielleicht auf »Scapegoat«, auf »Rest« aber, einer veritablen Blues-Rock-Ballade, explodiert es dann geradezu. Ein »slow burner«.