Review

Angel Olsen

Whole New Mess

Jagjaguwar • 2020

»All that space in between where we stand/ Could be our chance«, stellte Angel Olsen auf »Chance« 2019 fest, dass Liebeskummer ein Transitzustand ist. Mit einem 12-köpfigem Streicherensemble und jeder Menge Synthie-Bombast hatte Sie damals das Album »All Mirrors« produziert. Große Gefühle, große Klänge: alles drehte sich um das Ende einer Beziehung und die allgemeine Erfahrung des Verlusts, was sie mit John Congleton in großflächigem Barock-Pop inszenierte. Auf »Whole New Mess« geht es jetzt reduzierter zu. Schon damals, bei »All Mirrors«, standen jenen theatralischen Prärie-Posen um Roadmovie-Pop wie »Lark« oder »Summer« jene minimalistischen Akkord-Arrangements gegenüber, die nun auf »Whole New Mess« erscheinen. Aufgenommen mit Produzent Michael Harris in einer zum Studio umgebauten Kirche, interpretiert Angel Olsen viele ihrer Songs von »All Mirrors« in reduzierter Ausgangslage aus E-Gitarre und Mikrofon. Was sich zunächst nach recht einfallsloser Zweitverwertung anhört, entpuppt sich allerdings als unerwartete Offenbarung. Wo »All Mirrors« noch das Leid dank Hollywood-Charakter zu subtilen, fast unwirklichen Hoffnungsbitten umdichten konnte, entblößen die bescheidenen Interpretationen auf »Whole New Mess« den nackten Schmerz. Die gleichen Zeilen verhallen, auch dank Olsens ohnehin fragilem Gesang, nicht mehr in der unendlichen Weite von Piano und Orchester, sondern mutieren in intimer E-Gitarren-Einsamkeit zu elementaren, beklemmenden Klagenliedern. Ein Spiel der Umdeutung. »All that space in between where we stand/ Could be our chance«, heißt es auch auf der umgetauften neuen Version »Chance (Forever Love)«, womit Angel Olsen auch ausdrückt, was »Whole New Mess« so tragisch wie magisch macht: Seinen Mut zur Lücke.