Review Electronic

Ami Shavit

In Alpha Mood

Finders Keepers • 2015

Alvin Lucier katapultierte sich 1965 in die Musikgeschichte mit einem Werk, als dessen Performer er keinen Finger zu rühren brauchte: seine Hirnströme triggerten mit dem EEG verknüpfte Percussion-Konstruktionen. »Brain Wave Music« wurde in der Folge zu einem Genre. Gemeint war damit allerdings vielmehr die umgekehrte Richtung: Musik, mit deren Hilfe die Hirnströme des Hörers in bestimmte Schwingungszustände versetzt werden sollen und damit der Hörer in bestimmte Gemütszustände. Besonders gefragt: der entspannte, meditative Wachzustand, der mit Alpha-Wellen einhergeht. Heutzutage lädt man sich dafür eine App herunter. Ami Shavit in seiner israelischen Heimat in den Bereichen Op Art und Kinetic Art ein bekannter Name, Professor für Kunst und Philosophie, musste sich in den frühen Siebzigern dafür noch seine eigene Musik ausdenken. Quasi nebenbei, nach Jahren privaten Experimentierens, entstand dabei das wohl erste israelische Elektronik-Album, erschienen 1977 in unglücklich kleiner Auflage. Seine Wiederveröffentlichung versetzt nun in die Realität einer Zeit, die fast schon vergessen ist. ARP Odyssey, ARP Pro/DGX, EMS Synthi und die italienische Kuriosität Welson Syntex, Sequencer und diverse Effekte: durchaus ein Intrumentarium, mit dem sich neue musikalische Welten entdecken lassen. Die unterschwelligen Verschiebungen in den wabernden Backdrops, auf denen Ami Shavit seine langen Keyboard-Improvisationen ausrollt, lassen auch immer wieder hinhorchen. Es sind allerdings letztere, die im Fokus stehen. Durchs ganze Album windet sich ein samtig glänzendes Band, das direkt aus Pink Floyds 1975er Über-Hit »Shine On You Crazy Diamond« gefallen scheint: eine einsame Stimme, sanft, melodisch beredt und dabei reich an vorderasiatisch anmutender Koloratur, entgrenzt und doch gefangen in einer Zeit, die lange vorbei ist. Wie Ami Shavits Interesse an der Arbeit mit Hirnströmen, an Bio-Feedback nun genau in sein »In Aplha Mood« genanntes Album einging, bleibt außerdem leider dunkel. Offensichtlich war ihm die »Alpha-Stimmung« aber weniger musikalisches Abenteuer als persönliches Bedürfnis, traumatische Erlebnisse aus dem Yom-Kippur-Krieg zu verarbeiten. Was ist wohl wichtiger?

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