Review Jazz

Allen Toussaint

American Tunes

Nonesuch • 2016

Er war ein stiller Radikaler, so beschreibt ihn sein Produzent Joe Henry. Allen Toussaint hatte die Aufnahmen für »American Tunes« kaum abgeschlossen, als er im November 2015 kurz nach einem Konzert in Madrid verstarb. 77 Jahre alt war der Komponist geworden, der erst nach einer Zusammenarbeit mit Elvis Costello im Jahr 2005 auch als Performer und Pianist zu weltweitem Ruhm kam. Sein letztes Album spielte er zur Hälfte mit illustren Gästen wie Bill Frisell (Gitarre) und Charles Lloyd (Saxophon) ein. Rhiannon Giddens‘ großartige Stimme gospelt sich durch »Rocks in My Bed« und verleiht »Come Sunday« Ella-Fitzgerald-hafte Grandezza. Doch Toussaint braucht weder Band noch Sänger, um die überbordenden Emotionen eines Südstaaten-Bewohners zu transportieren, nachzuhören am besten auf dem New-Orleans-Klassiker »Big Chief«. Schon 2013 hatte Toussaint sich mit Joe Henry im eigenen Studio getroffen, um warm tremolierende Stücke von Bill Evans bis Fats Waller allein am Klavier einzuspielen – eine veritable Geschichtsstunde von den Anfängen des US-amerikanischen Jazz bis in die 1970er Jahre. Ungeheuer leicht wirkt wie immer sein Spiel, als würde es ohne jede Mühen aus ihm herausperlen. Ein Nachruf in Form von Jazz und Rhythm & Blues, von Allen Toussaint selbst gestaltet. Die 2LP kommt mit drei exklusiven Tracks auf der D-Seite, darunter Henry Mancinis Klassiker »Moon River«.