Flashback ins Jahr 2011: In Form des Dokumentarfilms »Beats, Rhymes & Life: The Travels Of A Tribe Called Quest« gibt es nach langen Jahren endlich wieder ein Lebenszeichen von A Tribe Called Quest wenn auch nicht in Form von neuer Musik. Dem wohlig nostalgischen Gefühl beim Schauen der Aufnahmen folgt am Ende doch die Ernüchterung. Die Differenzen zwischen den Bandleadern Q-Tip und Phife Dawg scheinen unüberwindbar. Ein neues Album? Absolut illusorisch.
Zurück ins Jahr 2016: In die Riege der namhaften und einflussreichen Musiker, die in diesem Jahr verstorben sind, reiht sich zum Leidwesen der globalen Hip Hop-Gemeinde am 22.3. auch Malik »Phife Dawg« Taylor ein. Das letzte Fünkchen Hoffnung auf neues ATCQ-Material schwindet mit der Trauer um den Five Foot Assassin dahin. Dass dann, in diesem politisch kalten Herbst 2016, ausgerechnet drei Tage nach dem Präsidentschaftssieg des Agitators Donald Trump, ein neues Studioalbum der wohl beliebtesten Hip Hop-Gruppe aller Zeiten erscheint, ist genauso überraschend wie perfekt getimt.
Entsprechend politisch aufgeladen empfängt uns das Quartett – ja Jarobi White ist wieder fester und tragender Bandbestandteil – schon auf den ersten Songs des Albums: »Gotta get it together forever […] for brothers […] for sisters […] to make something happen, let’s make something happen« und »we don’t believe you ‚cause we the people, are still here in the rear, ayo, we don’t need you« tönt es da aus den Speakern. So entschlossen politisch hat man A Tribe Called Quest selten zuvor gehört, nun ja, Native Tongues verpflichtet. Überhaupt spürt man sofort, dass die Chemie untereinander während der Aufnahmen wieder stimmte. Wie in besten Zeiten passen sich Phife Dawg, Q-Tip und Jarobi gegenseitig die Verse zu, zusammengehalten wird das Ganze von alten Spielgefährten wie Consequence oder Busta Rhymes (beide auf jeweils vier Songs vertreten). Und mit Kendrick Lamar, André 3000, Anderson .Paak, Kanye West oder Talib Kweli holt man sich diejenigen als Gäste auf die Platte, die das Erbe in Zeiten der Bandpause behutsam weiter trugen. All die anderen gegenwärtigen Gralshüter (»talk to Joey, Earl, Kendrick, and Cole, gatekeepers of flow«) bekommen auf »Dis Generation« dann die fälligen Respektsbekundungen.
Apropos Respekt: Gleich zwei Songs sind Phife Dawg gewidmet, ehrenvoll und frei von übertriebenem Pathos, ohne den traurigen Verlust zur sehr in den Mittelpunkt zu rücken. Ein schwieriger Spagat. Generell verlieren sie sich nicht, wie andere Weggefährten und Altersgenossen, im Glorifizieren der Vergangenheit und ständigem Selbstreferenzieren (die staubfreie »Bonita Applebum«-Referenz auf »Enough!!« einmal ausgeklammert). Kommen auf der Gegenseite aber auch ohne peinliches Anbiedern an zeitgeistige Trends aus. Statt Future oder Lil Yachty lud sich Q-Tip eben Elton John (!) und Jack White ins Studio. Jazz, Funk und Blues sind halt noch immer die Basis ihrer Lieder, mal eingängig mit dem vertrauten Gespür für die Hits, mal ein wenig sperriger. So ist es der Truppe gelungen die bewährte Tribe-Erfolgsformel stilecht und würdevoll in die Jetztzeit zu transportieren und mit dem sechsten Album an die qualitativ stärkste Phase der Bandhistorie zwischen 1989 und 1993 anzuknüpfen. Chapeau!