New Record Labels – Fauxpas, Latency, Raw Waxes, Born To Shine

Jeden Monat stellen wir euch Labels vor, die neu bei uns im Shop vertreten sind und/oder deren Entdeckung sich lohnt. Die Auserwählten diesmal: Fauxpas, Latency, Raw Waxes & Born To Shine
Fauxpas Musik ist ein 2009 von André Naszada und Tobias Duffner gegründetes, deutsches Plattenlabel aus Berlin. Die beiden Arbeitskollegen entschieden sich nach einem Kochabend über ein paar Bieren zur Gründung eines eigenen Labels. Duffner indes stieg im Jahr 2011 aus, um sich seinem eigenen Label Poem zu widmen. Seit spätestens Frühjahr 2016 ist Naszada mit der Labelarbeit aber nicht mehr komplett allein: »Seit ein paar Monaten hilft mir Johannes Xaver Zeppelin beim Sortieren der Demos und wir halten gemeinsam nach neuen Künstlern Ausschau.« Die fanden sich vor allem anfangs im gemeinsamen Freundeskreis, wie überhaupt alles bei Fauxpas vom direkten Szeneumfeld inspiriert scheint: Die Motivation zur Labelgründung lieferte Christian Hilscher vom Duo Kollektiv Turmstrasse bereits Mitte der Neunziger, Bestärkung gab es durch den Word & Sound-Chef Kai Fräger und den Namen lieferte der decks.de-Mitarbeiter DJ Acid nach. Naszada ist eng in der Szene verwurzelt und kennt sich hinter den Kulissen bestens aus. Kalkuliert aber klingt der Sound des Labels dennoch nicht, vielmehr wagt Fauxpas mit den Dance Music-Konventionen zu brechen. »Eine Labelphilosophie in dem Sinne gibt es nicht, die Musik muss einfach zeitlos sein!«_, sagt Naszada. Die Yoko Duo-LP von Holger Zilske und August Landelius etwa wurde ihm auf einer Party zugesteckt und am nächsten Morgen schon stand nach wenigen Durchläufen am Frühstückstisch fest, dass »Behaving Like A Widower« auf Fauxpas erscheinen würde.

Der eigene Freundeskreis ist aber schon lange nicht mehr alleinige Inspirationsquelle für Fauxpas, welches als Label eine Vielzahl von künstlerischen Positionen zwischen dem sanften House von Sevensol & Bender, den verschwommenen Breakbeasts von Nocow oder den einnehmenden Downbeat-Sounds Desolate versammelt. Zwei Namen aber finden sich immer wieder im Backkatalog: Sven Weisemann, selbst unter den Pseudonymen Desolate und Phidias aktiv und Steffen Laschinski alias Rising Sun. »Die beiden sind inzwischen enge Freunde von mir geworden, die Ich auch als Künstler sehr schätze«, sagt Naszada. Die Fauxpas-Künstler wiederum schätzen wohl sicherlich die liebevolle Aufmachung, in der ihre Releases erscheinen: Farbiges Vinyl, Box-Sets und besiebdruckte B-Seiten sind bei Fauxpas eher Standard als die Ausnahme. »Mir ist es sehr wichtig, dass die Schallplatte auch nach 10 oder 20 Jahren im Regal oder in der Plattentasche immer noch ein Kunstobjekt ist und das als dieses wertgeschätzt wird«, betont der Labelchef. Trotzdem: Erschwinglich soll es bleiben. Dass so ein hochwertiges Produkt wohl eher nicht ohne Weiteres in der Plattentasche landet, spielt dabei auch keine Rolle: »Die Musik muss wie gesagt zeitlos sein und uns nach dem 53x mal abspielen immer noch begeistern.« Ein ebenso bescheidener wie ambitionierter Anspruch. KC

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Latency ist ein 2012 von Sidney Gerard und Souleymane Said gegründetes, französisches Plattenlabel aus Paris. Die beiden Latency-Betreiber lernten sich gut ein Jahr vor Gründung ihres gemeinsamen Labels an der Uni kennen, wo sie Kunst und Design studierten. »Wir haben aufgelegt und teilten generell eine Leidenschaft für Musik«, erklärt Said. »Ein Label zu gründen, war da der nächste folgerichtige Schritt. Das erlaubte uns, Musik, die wir lieben, mit unserem Interesse an Kunst zusammenzubringen.« Auf ihre jeweiligen DJ-Karrieren konzentrieren sich die beiden indes kaum, obwohl sie als Testgrundlage für das eklektische Miteinander auf dem Label verstanden werden könnten. Dort nämlich findet sich eindeutig im Clubkontext verankerter House von Joey Anderson oder dem Chicagoer Duo Innerspace Halflife, genauso aber die droneigen Schlagzeugexperimente eines Andrea Belfi oder deeper Techno von Donato Dozzy-Buddy Nuel sowie ortlose Rhythmen von Burnt Friedman. »Schon schwierig, da einen gemeinsamen Nenner zu finden, weil sie für uns alle zu einem Ganzen gehören«, gibt Said zu. Das wiederum ist fest in der Selbstauffassung des Duos verankert, die ihr Label etwas übersteigert als »immaterielle Entität« beschreiben. Das Motto: »Alles ist vergänglich.«_

Mit der Vanitas als Topos setzen sich auch einige der beeindruckenden Schwarz-Weiß-Artworks auseinander, welche den Latency-Releases eine gleichermaßen diverse wie kohärente Klangsprache verleihen. »Wir haben so viele talentierte FotografInnen, Graphic DesignerInnen und VideokünstlerInnen an unserer Uni getroffen«, erklärt Said. »Und die sind seit Anfangstagen Teil unseres Labels.« Aber auch dieses befindet sich im ständigen Fluß. Nicht nur sind ästhetische Kurskorrekturen nach einer Weile wahrscheinlich, auch hat Said die Gründungsstadt mittlerweile gegen Kopenhagen eingetauscht. In der Pariser Szene standen sie sowieso eher am Rande, erinnert er sich. »Zuerst weil wir nicht häufig auflegen und wegen unserer Dazwischen-Identität«, heißt es in Anspielung auf das stilistische wie auch personelle Miteinander auf dem Label. Aus Paris kommt nur das Duo Mura Oka, an dem Gerard beteiligt ist. Der Rest verteilt sich von Chicago nach Berlin und weiter nach Italien. In Paris selbst aber haben die beiden zumindest so etwas wie einen Lieblingsclub, den legendären Concrete, wo sie zwei Mal pro Jahr einen Latency-Showcase abhalten. Dort sind dann bisweilen ungewöhnliche Kombinationen auf dem Line-Up zu sehen, dafür aber genau stehen Latency schlussendlich: Sie können nicht auf einen Nenner zusammengestrichen werden. KC

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Raw Waxes ist ein 2013 vom Produzenten und DJ Haiku ursprünglich in Italien gegründetes Plattenlabel aus Berlin. Seinen Anfang nahm das Projekt, als Lorenzo Esposito in Turin lebte und sich dort immer intensiver mit der lokalen Techno-Szene auseinandersetzte. Dort knüpfte er Kontakte mit etwas Riccardo Piovesan alias The Noisemaker und Korova aus Rom, welche die ersten Raw Waxes-Katalognummern beisteuerten. »Das Ziel war, neuen Talenten eine Plattform und Aufmerksamkeit zu verschaffen«, erklärt Esposito. »Es schien mir daher eine gute Idee zu sein, sie mit bekannten Remix-Künstlern aus dem Underground zusammenzubringen.« Das ging trotz einiger organisatorischer Hürden bei Presswerken und Vertrieben anfangs recht gut, mittlerweile aber konzentriert sich Raw Waxes fast ausschließlich auf Original-Tracks. Von der etablierten Techno-Blaupause weichen diese für gemeinhin ab, klingen hart und… Ja, was heißt das eigentlich in dem Fall: raw? »Alles, was ungefiltert und spontan ist«_, sagt Esposito, der schon als Teenager gegen den damaligen Deep House-Trend anschwomm und lieber Plastikman huldigte. Bis heute setzt er in seinen eigenen DJ-Sets auf eine stilistische Diversität, die vor allem durch ihre Schroffheit verbunden ist.

Parallel zu Raw Waxes betreibt Esposito zudem das Label Inkblots, welches sich auf aufwändig gestaltete Sondereditionen spezialisiert hat und ursprünglich von zahlreichen Berlin-Besuchen des Produzenten inspiriert wurde. Er selbst teilte sich dort ein Split-Release mit Mike Parker, das Berliner Duo I/Y fand sich mit Go Hiyama zusammen und der hyperaktive russische Produzent Stanislav Tolkachev veröffentlichte gemeinsam mit dem US-Amerikaner Developer. Ein internationales Projekt, dessen Radius noch etwas weiter reicht als der von Raw Waxes. »Ich habe bisher immer vor allem Leute gefragt, die ich schon vorher kannte«, sagt Esposito. Die Beziehungen zu Artists wie etwa The Noisemaker, der neben Simone Gatto und Lee Holman auf Raw Waxes veröffentlicht hat, beschreibt er dementsprechend als freundschaftlich. Vor allem aber geht es Esposito darum, sich begeistern zu lassen. Benedikt Rugar gelang das mit seinen Illustrationen für die im Berghain stattfindende Schwulenparty SNAX. Esposito heuerte ihn für eine Serie von Platten als Grafiker für ein ambitioniertes Projekt an. »Ich wollte keine Covers machen, weil ich dachte, dass ein hochqualitativer Druck von Benedikts Illustrationen mehr künstlerischen Wert hätte«, erklärt Esposito das Konzept der aufwändigen Inlays. »Es schien mir einfach sinnvoller, dass es sich der Endnutzer als Kunstwerk an die Wand hängen kann und die Platte auf Tour keinen Schaden nimmt.« Denn bei allem Kunstanspruch: Die Releases von Raw Waxes wie auch Inkblots sollen auf den Techno-Floors zu hören sein. Dort nahm für beide Labels schließlich alles seinen Anfang, ob nun in Turin oder Berlin. KC

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Born To Shine ist ein 2015 von Pepe Hausius gegründetes Plattenlabel deutsches Plattenlabel aus Mannheim. Pepe legt zwar »eher sporadisch als regelmassig«_, haut aber schon lange sein ganzes Geld für Platten auf den Kopf und hegte über mehrere Jahre den Plan vom eigenen Label. Der klassische »richtige Zeitpunkt« ergab sich, als er herausfand, dass das Mannheimer Funk-Kollektiv First Touch bei ihm um die Ecke wohnte.

Internet-Archäologen finden hier sogar die erste Kontaktaufnahme die nach mehreren Jahren dann zum ersten Release von Born To Shine, der »Daycruising EP« von First Touch im Januar 2016 führen sollte.Seitdem hat sich Born To Shine mit einer handvoll Releases als eines der funky-sten Labels der Bundesrepublik etabliert, nicht zuletzt auch wegen der Hilfe von Pepes Partnerin Maria, die seit Jahren in den Bereichen Promotion, Tour-Management und Party-Organisation arbeitet und das Label bei Design und Verkauf aber natürlich auch kreativ unterstützt.

Auch wenn es ziemlich wenige deutsche Labels mit einem Herz für Funk gibt, bleibt das Duo bescheiden: »Ich denke eigentlich, dass keine große Kreativität dahintersteckt die Modern Funk Szene pushen zu wollen. Mich hat immer gewundert das es kein anderer macht und dann hab ich’s einfach durchgezogen«, erzählt Pepe. Überhaupt gehe es bei dem Projekt Born To Shine vor allem darum, als »Plattform für die Funkszene« zu fungieren, sagt Maria, zu »verknüpfen und Leute musikalisch auf einen Nenner zu bringen«. Das scheint zu funktionieren: Acts wie Bybo, Frankfurt Funk oder First Touch sind zwar schon ewig in der Szene involviert (Bybo zum Beispiel hat schon Shows mit Funkmaster Ozone und Dâm-Funk gespielt), bringen aber jetzt erst ihre ersten Solo-Releases auf den Markt – dank Born To Shine.

Das Medium Vinyl ist dem Label dabei ungemein wichtig: jedes bisherige Release wurde entweder auf 12inch oder 7inch Single gepresst und so soll es auch bleiben. »It’s all about. Vinyl. Eigentlich sollte das Label ein reines Vinyllabel werden“, führt Pepe aus. „Persönlich habe ich keinen Bezug zu digitaler Musik. Itunes und Konsorten ignoriere ich bisher völlig, ich habe noch nie digitale Musik gekauft. Das grösste Lob ist doch, wenn das Release in Erinnerung bleibt und immer wieder mal rausgeholt wird und sich dauerhaft daran erfreut.« Lieber wenige Releases also–2016 waren es drei–und dafür umso liebevoller. Das funktioniert bisher wunderbar und als Fan des Labels versteht man, was Maria meint, wenn sie sagt: »Wir sind ein Label Of Love« NF

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