2010 startete er den Blog beziehungsweise die Radio-Sendung Aloha Got Soul, das sich ausschließlich mit hawaiianischer Musik aus dem Soul- und Funk-Bereich befasste. Die Anfragen nach obskuren Schätzen häuften sich. Gleichzeitig wurde Roger Bong von der Arbeit anderer angespornt. »Light In The Attic, Numero Group, Awesome Tapes From Africa, RVNG Intl. und Music From Memory« zählt er auf, »Alles Labels, die großartige Reissue-Arbeit machen. Mir wurde klar, dass Hawaii das auch braucht. Denn wenn wir diese Schmuckstücke nicht neu auflegen… Naja, dann macht’s eben jemand von sonst woher!« Mit Aloha Got Soul möchte Roger Bong allerdings nicht allein alte regionale Spezialitäten aufbereiten, sondern auch zeitgenössischen Acts aus Hawaii Mut machen – bei Reissues soll es nicht bleiben. Wichtig ist ihm dabei auch, dass der Geist der Insel transportiert wird. »Hawaii ist ein spiritueller Ort, was in der Musik wiederklingt. Die Musik, die ich herausbringe, muss Soul haben, ein Gefühl vermitteln, das tief greift.« So wie auch die Liebe zu seiner Heimat, in die Roger Bong gar nicht hereingeboren wurde.
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La Mission ist ein 2012 von Pablo Roman-Alcalá, Luis-Manuel Garcia, Mandie O’Connell und Johannes Brandis in Berlin gegründetes Plattenlabel. Gut ein Jahrzehnt habe er die Idee für ein Label mit sich herumgetragen, erzählt Roman-Alcalá, der unter dem Namen Beaner als DJ und Produzent aktiv ist. Neben den vier Kernmitgliedern, von denen nur Luis-Manuel Garcia nicht in der deutschen Hauptstadt lebt, sind noch eine Reihe von anderen Personen von überall in der Welt eingebunden. Die Rollenverteilung ist dabei nicht fix, vielmehr konzentrieren sich einzelne Menschen auf bestimmte Projekte – ein anarchistisches Prinzip, wie Roman-Alcalá betont. »Unsere Motivation war es, Dance Music etwas zurückzugeben, das ihr unserer Meinung nach fehlt, namentlich ein Gefühl für die Dringlichkeit angesichts der Neo-Liberalisierung und Kommerzialisierung unserer Kultur.« Kritische Theorie über House-Beats und Disco-Arrangements also? Wie sieht denn eigentlich die Mission aus, die dem Label ihren Namen gegeben hat? »Ein queeres Schlamassel, das mit verschmiertem Make-Up hinten im Bus sitzt und sich einen runterholt, während es ein Lehrbuch über partizipative Ökonomie liest.«_ Natürlich.Queere und auf politische Traditionen verweisende Elemente bestimmen auch die Ästhetik der Veröffentlichungen von La Mission. Ein buntes Durcheinander aus Referenzen. »Die situationistische Internationale, der Nikkid Cult Of Hickey, The Up Against the Wall Motherfuckers – eine New Yorker Leder-Kunstgang aus den siebziger Jahren – und eine ganze Reihe weiterer Denkrichtungen, Projekte und Dinge«, zählt Roman-Alcalá die Bandbreite der Einflüsse auf. Das klingt nach schwerer Theorie, die auf La Mission erscheinenden Platten jedoch tänzeln leichtfüßig daher und nehmen immer wieder spannende Abzweigungen. Free Jazz-Elemente finden sich mit House-Beats zusammen, Edit-Künstler wie das Chicagoer Disco-Lexikon Chrissy verschmelzen ein Potpourri aus Hi-NRG, Rock und Dance-Beats zu mitreißenden Platten mit garantiert campy Artwork. Eine wilde Mischung, die selbst von einem anarchistisch ausgerichteten Kollektiv säuberlich aufgetrennt wird: In der La Mission Lost Records-Serie erscheint bisher gar nicht oder nur digital veröffentlichtes Material, unter dem Titel Edits and Beans wird Dance-Geschichte nicht allein mit Schere und Kleber sondern auch kurzen Essays nachgegangen und die sich in Planung befindliche Reihe Propaganda of the Deed soll sich mit Techno und politisch radikalen Aktionen befassen. Zentral war die zeitlich limitierte Reihe kunst/WORK, deren Releases ein kleines Magazin mit Texten beilag. Ungefähr 1€ pro Platte verloren La Mission damit. »Warum wir das machen?«, fragt Roman-Alcalá. »Weil Kunst, Kultur und Musik sich nicht um Profit drehen!« Natürlich nicht!
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Modularfield ist ein 2014 von Markus Scholz und Stefan Liehr gegründetes Plattenlabel aus Köln. Im Grunde ist man bei Modularfield aber zu dritt. Denn nicht nur zeichnet sich Grafiker Lukas Höh für das Logo des Labels verantwortlich, das Konzept der Trilogie bildet überhaupt den roten Faden, der die eklektische Stilmischung zusammenhählt. »Ziel ist es, eine interdisziplinäre Verbindung aus Musik und Artwork zu schaffen. Vor allem aber einen genreübergreifenden Sound zu präsentieren, der in sich stimmig ist«, erklärt Scholz. So treffen in einer Kassetten-Trilogie beispielsweise der Electro-infizierte Analog-Techno von Reverbal Sign, großer-Gesten-Electro-Pop von Inky Timez und schüchterne Neo-Klassik von Kana Wakanero zusammen. Nicht allein das Format bringt sie in einen Kontext, sondern auch das Artwork, das nach dem namensgebenden Modularsystem leicht verändert den Zusammenhang zwischen den Releases unterstreicht, passend zu dem, was Scholz »ein breites Feld von in sich geschlossener Soundwelten«_ nennt.Überhaupt: Formate. Tapes, Vinyl, CDs mit semi-transparentem Artwork und sogar Dubplates haben Modularfield bereits veröffentlicht. Selbst eine kleine Edition mit Kölschgläsern hat das Label angefertig, schließlich muss bei einer eher international als regional angesiedelten Fancommunity etwas Lokalkolorit transportiert werden. Fetischbedürfnisse allein werden mit Modularfield jedoch nicht bedient, alle der meistens in sehr kleinen Auflagen erscheinenden Veröffentlichungen sind auch digital erhältlich. »Und wenn die ersten 3D-Drucker ordentliche Platten machen, sind die Karten sowieso neu gemischt!«, so Scholz. Denn obwohl die Betreiber das Labelgeschäft neben dem eigentlichen Arbeitsleben stemmen, an Experimenten reizt es sie definitiv. Zehn Dubplates bei winterlichten Temperaturen selber schneiden? Klar doch. 20 Kassetten per Hand überspielen, dabei Bier trinken und am nächsten Tagen mit Höllenkater aufwachen? Muss auch mal sein. Alles zu ertragen, wenn der Bezug da ist. »Durch die persönliche Verbindung zur Musik, deren Geschichten und was man daraus gelernt hat, macht eigentlich jedes Release einzigartig und in etwa gleich wichtig«, sagt Scholz, der mit seinen Kollegen jedes Release noch ein bisschen einzigartiger macht. Ob das mit einem 3D-Drucker noch genauso wäre?
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Ressort ist ein 2013 von den Produzenten Ekserd und Głós gegründetes Plattenlabel aus Berlin. Die Idee eines eigenen Labels reifte bei Ekserd allerdings bereits früher und weit entfernt von der von seiner ubiquitären Clubkultur geprägten Hauptstadt heran: in der norddeutschen Provinz. »Techno war dort maximal ein nicht-existierendes Phänomen. Man beschäftigte sich lieber mit den neusten Traktormodellen und damit, wie viel Milch die beste Kuh in diesem Monat wohl geben würde«, heißt es trocken über die Heimat. Als der junge Produzent jedoch noch vor dem Abitur auf den gleichgesinnten Głós trafen, konnten erste Pläne geschmiedet werden, die sich spätestens in Berlin konkretisierten: Aus dem Provinztraum von damals wurde das Label von heute. Der Name wurde ganz bewusst gewählt: Wie das Ressort einer Zeitung verstehen sich die beiden als auf ein bestimmtes Gebiet spezialisiert: den Dancefloor. Einen »gewissen Hang zum Tool«_ nennen die beiden das. Zwar franst auch dieser Ansatz nach und nach aus, öffnet sich der Katalog langsam gegenüber Experimenten. Der Fokus liegt jedoch weiterhin überwiegend auf tanzbarem Techno, der nach Möglichkeit für sich stehen sollte.Ähnlich offen-geschlossen gehen die beiden Betreiber auch die Wahl der Releases und die Zusammenarbeit mit ihren Artists an: Sie beziehen einen festen Kern von anderen Produzenten wie etwa Array Access und Strck sozusagen als Teil des editorischen Teams von Ressort mit ein. »Alles Personen, die uns in den Jahren des Labelbestehens absolut begeistert haben, sowohl menschlich, als auch klanglich«, sagt Ekserd. Vergrößern soll sich dieser Kern auch nicht unbedingt, das Techno-Ressort will seiner personellen Sparte treu bleiben. Dahingegen wird jedoch kein bestimmter Sound angezielt – der in Berlin zumeist anhand von Clubs verschubladet werden kann – und auch das Artwork wird mit nur lockerer Stringenz kuratiert. Soll heißen: Einheitlichkeit ja, Eintönigkeit nein. Ressort-Releases sind als solche leicht zu erkennen, sehen aber nicht uniform aus. Das alles klingt nach organischem Wachstum und ist es letztlich auch: Ressort als übergeordnete Idee funktioniert wie ein Treibhaus für das, was in der Musik passiert. Solcherlei Feld- und Flur-Metaphorik wiederum dürfte für die beiden allerdings zu sehr nach norddeutschem Provinzschnack klingen. Dem sind sie ja aus eigener Kraft erfolgreich entkommen.
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