Ausklang | New Music Friday – Neue Musik von Vince Staples, Helena Hauff et al.

26.06.2015
Woche für Woche picken wir Tracks, die uns in den vorausgegangenen sieben Tagen nicht aus dem Kopf gehen wollten, deren Release auf den heutigen Tag fällt oder einem anderen Pseudogrund unterliegen. It’s new music, summer!
»Burmstar (Running Flutee Mix)« by House Of Doors
So, first things first: bitte unten mal zu Minute sieben skippen, bereuen, dass man sich mit fünf gegen den Flötenunterricht mit Händen und Füßen gewehrt hat und jetzt hurtig Platz im Nu Groove Fach freiräumen. Mood Hut, der Sommer gehört dir und würde ich dieses Interview nochmals führen, wäre das hier der Eisbrecher geworden. FA
»Thulsa« by Chemotex
Die ersten beiden Male hatte Marcos Cabral Schlangen im Bein und starb einen frühen Tod als er für The Trilogy Tapes sein noisiges Spleen-Techno-Alias Chemotex animierte. Dagegen ist Thulsa fast schon freundlich meditativ, die metallische Synth hat er sich direkt von Oni Ayhun geliehen und auch nach acht Minuten warten wir vergebens auf eine ordnende Clap oder sonstige Viermalvier-Tropen. Hierzu kann man sich übrigens hervorragend vor dem neuen Hunee Mix die Kapillaren weiten. FA
»Lose It (ft. Rick Ross & Lil Wayne)« by French Montana
Äh ja, French Montana geht full retard. Soweit so klar, häääääääääään. Aber weil hinter diesen breiten Keyboard-Flächen angeblich Kanye steckt, Lil Waynes Vers offensichtlich fünfhundert Jahre alt ist und Officer Ricky erst diese Woche wieder alles getan hat um zu beweisen, dass er tatsächlich full Gucci, Maaaaaaayne gehen kann, ist das hier so unausweichlich wie die Hollywood Bayern unter Effenberg. Nicht schön, aber loco. FA
»Please Stop Wearing Fake Versace« by Father
Loco funktioniert als Überleitungswort für all things Awful Records einfach immer. Label-Aushängeschild Father nutzt dieses Mal einen dieser typischen Subbass-dominierten Beats, um die Welt aufzufordern, doch bitte nicht mehr das gefälschte Designerzeug zu tragen. Das ist zwar nicht ganz »bitte hört mit dem Walfang auf«, trotzdem macht der Song die Welt ein kleines bisschen besser. PK
»Lift Me Up« by Vince Staples
taken from his debut album »Summertime ’06«, out July 3rd on Def Jam
*find it at hhv.de on LP and CD Gretchenfragen kann man sich dann anschließend ja wieder mit Vince Staples stellen, der sich auf seinem Summertime 06 Opener erneut als der rotzige, aber dennoch erstaunlich reflektierte Klassensprecher der Kendrick Academy inzeniert, mit einer Delivery, die Earl fidel wirken lässt und Bässen, denen die Buchstaben E, D und M gänzlich unbekannt sind (siehe auch ). FA
»100« by The Game feat. Drake
Mit genau den richtigen Buchstaben und Zahlen hantieren auch Game und Drake auf ihrem gemeinsamem Song. Die beiden reden wie dieses berühmte Schaf darüber, dass alle doof sind (außer Wayne) und Drake hat im Refrain bereits eine zittrige Stimme, weil er Angst vorm Videodreh in Cpt hat. Toll.
Listen

»MDMA« by Paul Woolford
Vor zwei Wochen beschäftigte man sich auf Pampa mit mahlenden Kiefern, diese Woche liefert Hotflush Paul Woolfords Umarmungsorgie für Molly und Emma oder auf welchen Namen auch immer sie diese Woche gerade hört. Das wirkt so unverantwortlich beknackt euphorisch, wenn man hier orthopädisch bedenklich in Adler-Haltung Zeilen ins Macbook hackt, während der Camembert langsam aber sicher im Ofen verendet, aber wie immer bei Musik: Kontext ist alles. Und was ballert, ballert. FA
»I’ll Do Anything« by George T
taken from the »I’ll Do Anything«-EP, out now on Greco Roman
Kontext ist alles, findet auch George T. Der würde seinen Camembert und zur Not auch seine Mama und die noch tapsige Hauskatze verbrennen lassen, solange das bedeutet, dass die Dame seines Herzens ihm gehört. So hat man das gemacht Ende der 90er. Damals entstand dieser House-Track mit den guten Vibes und der bösartigen Message. Diesen und einige weitere George-T-Tracks hat das Dance-Label Greco Roman nun das erste Mal veröffentlicht. PK

»Sworn To Secrecy Pt. II« by Helena Hauff
taken from her new album »Discreet Desires«, due out September 4th on Werkdiscs
Wesentlich weniger aufdringlich ist der nächste Teaser aus Helena Hauffs bald über Werkdiscs erscheinendem Album, der zweite Teil von Sworn To Secrecy hat ganz viel Cold Wave aufgesogen und spuckt die genretypischen Elemente nun per Randomizer aus, jedoch mit mehr Popsensibilität als wir das von Frau Hauff gewöhnt sind. Quasi die Single für alle, die Singles hassen. FA
»64 Bar Statement Pt. III« by Mic Ty
Grime bleibt der heißeste Scheiß der Stunde Mic Ty klingt hier zwar eher nach Wileys Prime als nach der Zukunft und der hypernervöse Beat nach Dizzees Playstation Phase, aber das sind im Grunde genommen ja zeitlose Qualitätsmerkmale. Wenn ich nur endlich mal lernen könnte »Innit« auf halbwegs unpeinliche Weise auszusprechen. FA
»Gateway« by LHF
taken from the collectives new album »For The Thrown«, out July 10th on Keysound Recordings
Soll ich hierzu meditieren oder teuflische Dinge in meinem Ofen anrichten? »Gateway« könnte ein sehr intensive Doku untermalen, die das Leben von Mönchen zeigt, die versuchen mitsamt Psychose das Leben im Kloster zu meistern. PK
»Brazy (ft. Chief Keef)« by Lil Reese
Fun Fact: Chief Keef ist mittlerweile „Produzent“ – natürlich auch direkt wieder in einem Umfang, der völlig unverantwortlich ist und soviel Qualitätskontrolle betreibt wie das Penetrationsvisualisierungsgeschäft seit der Erfindung des Breitbandinternets. Ab und an passiert dann aber auch sowas: Keef loopt It’s A Man’s World, brabbelt und gurgelt im Anschluss an Lil Reeses relativ diszipliniert vorgetragener Strophe und ich überfordere das Urban Dictionary umgehend mit erfolglosen Anfragen zur Bedeutung der Titelvokabel. So stelle ich mir DIY 2015 vor: kategorisch unvegan und immer eine Zeile von 25 To Life entfernt. FA