from Polica’s new LP »United Crushers«, out now on Memphis Industries
Wir fangen mit Polica an. Weil der Opener auf deren neuer Platte »Summer Please« heißt und so klingt wie meine erbärmlich undramatischen Wintergebrechlichkeiten. Rheumapflasterdrums, Fönwindvocals, nasssockiges Pitchgeshifte und die krude Sehnsucht sich auch einen stattlichen Schwangerschaftsbauch mit Kesselchips und Kölsch zu züchten, wie dieses gesichtslose Dings auf dem Cover. FA »Blood Orange Julius« by Kenny Login
Hawaiianische Regentropfen. Pura Vida-Regentropfen. Wenn Regentropfen loose hangen könnten, wenn Regentropfen so laissez faire-mäßig auf die Erde fallen würden, wenn Regentropfen so nach dem Motto »live slow, die whenever« dem Asphalt entgegen träufeln würden, dann klänge das just wie dieser Song. PK »The Frontier« by Avalon Emerson
from Avalon Emerson’s new EP »Whities 006«, out March 7th on Whities
Am Sonntagabend bestellte Avalon Emerson per Vierviertel-Geheimfunk ein Architektur-Spezialteam an den Wriezener Bahnhof, wo nach ihrem Panorama Bar-Set allein die verschwitzte Luft noch stand und sonst nichts weiter. Böse. Aber so, so gut. Ganz knapp gefolgt vom Video zu »The Frontier«, einer Grenze, welche entgegen jedem Techno-Diktat nicht als finale apostrophiert wird – inklusive Video, das die Landschaft aufreißt wie bestimmte Kristalle die Pupillen. Da findet alles kurzum zusammen und die Handclaps applaudieren dem Zusammenbruch in freudiger Erwartung des Kommenden. Bleibt nur: Daumen hoch- und dann heraushalten, vielleicht nimmt dich dabei jemand mit und ihr landet im versprochenen Land. KC »smash/hush« by Kyoka
from Kyoka’s new EP »SH«, out March 7th on raster-noton
get it at hhv.de: 12inch
Ganz anders und doch mit derselben Basslast bewaffnet, ist Kyoka: Die Schnappatmungsrhythmik von »smash/hush« zerfleddert mit Genuss ihre eigene poröse Architektur, als wäre sie eine besonders trockene, dem Zerfall preisgegebene Dubplate, die auf -8 und rückwärts wie aus Versehen dem Techno-Floor querwärts reingrätscht, der nun pikiert das T-Shirt rotieren lässt und den traurigen Tropen der alten Welt beim Oxidieren zuschauen muss. Edelstahlrost reibt sich an dritter-Wahl-Legierung, aber auch an sich selbst. Das Ergebnis ist eine dramaturgische Kippfigur, die selbst der Young Echo-Posse den letzten Rest Atemluft aus dem Solar Plexus staucht und der Soundnerdprominenz den Nackenbart festzurrt. Eine einzige große Beleidigung, nichtsdestotrotz bescheiden vorgetragen. KC »Little Jammy Centre« by Secret Boyfriend
from Secret Boyfriend’s new EP »Memory Care Unit«, out now on Blackest Ever Black
get it at hhv.de: 12inch
Fünfhundert Poop-Emojis gehen derweil raus an Secret Boyfriend, der das Unmögliche möglich gemacht hat: »Little Jammy Centre« ist vertonte Flatulenz und dabei trotzdem so sexy und geheimnisvoll wie Stringer Bell in Season 2. Grummelmagen-Wave und Doo-Doo-Dub, WATTBA, Blackest Ever Black. FA »Wein« by Yaesyaoh
Ganz merkwürdig wie viel Groove dieser gescrewte Nicht-Groove hat. Außerdem: Ich musste lachen beim lang gezogenen »e« in Türe. Außerdem: Schwer, diesen Track wieder los zu kriegen. Er hängt sich wie ein nasser Sack an einen ran und schleift sperrig über den Boden; wir sind ein träges Zweigespann ohne Koordination, unbeweglich und langsam, aber verdammt, Sohnemann, wir haben Rhythmus. PK »Unthank 009« by Lemme Kno
from Lemme Kno’s new EP »Unthank 009«, out soon on Unthank
Ich traue mich es ja kaum zu sagen, aber mein mainester Mann, dieser Max D, und ich, wir hatten eine schwierige Phase. Seit dieser PAN-Connection wollte ich mich der rhythmischen Verweigerung des einzig legitimen Salman Rushdie Doubles irgendwie nicht anschließen. Jetzt hat Max aber eine Platte mit DJ Isle O’ Man unter dem Alias Lemme Kno gemacht und die ist endlich wieder so gut, dass ich mich nicht entscheiden mag, welcher der 3 Tracks hier genannt werden sollte. Oder um es mit seinen Worten zu sagen: »if 7/8 Ultramagnetic Breaks Tek is your thing, or if ’87 Profile Recs dub mixes are your thing….lemme kno« . FA »I Don’t Believe« by Larkin Grimm
Das neue Jahr ist kaum zwei Monate alt und schon so reich an Geschichten von übergriffigen Musikbranchendudes, dass niemand mehr mit dem Essen und erst recht nicht dem Kotzen hinterher käme. Schlimm ist leider auch, wie sehr die Diskussion darüber vom Prestige dieser Dudes abhängt. Es fällt wohl leicht, Dr. Luke zum Teufel zu wünschen, weil niemand so richtig weiß, wer das überhaupt ist. Anders Michael Gira, der zum transgressiven troubled genius stilisierte Übergott des kobaltblauen Rock’n’Rolls, der als Identifikationsfigur schnell in spöttelnden Schutz genommen wird. Und weil die Stimmen nicht genauso vehement für Larkin Grimm protestieren wie für Kesha, lässt die eben solidarisch ihre eigene erklingen. Das ist auch, aber nicht nur eine gute Erinnerung daran, dass wir alle mehr zuhören müssen. Hier umso mehr. KC »tra: mass« by Kim Myhr, Jenny Hval and The Trondheim Jazz Orchestra
taken from their album »In The End His Voice Will Be The Sound Of Paper«, out April 8th on HUBRO/Forced Exposure
Hierzu macht man am besten eine Rentierzucht auf. Stellt sich unter Polarlichter und findet die Erde schön. Hierzu ein heißes Fußbad, hierzu ein Gedicht wie: »Ein Zweig ohne Vornamen, ein weiter Weg ohne Vorfahren.« Der Song erwacht an einem kalten aber hellen Morgen und tänzelt dann durch unbewohnte Gebiete. Erst am Ende wird aus der Meditation so etwas wie die dark twisted fantasy des Ziegenpeters, bedrohlich Geräusche dringen von der Weide, Raben essen Kühen die Ohrläppchen weg, der Ziegenpeter planiert manisch das ihm einst so geliebte Land. PK