Ein Song so sticky und sloppy wie meine Frisur am Beginn eines langen Katertags: Nach Nikotin und schlechten Entscheidungen müffelnd und trotzdem das Maul aufreißen wie in der Nacht davor den Klodeckel hoch. Kendrick wird hinters linke Ohr gesteckt und dort vergessen, auf dem rechten prangt noch der Stempelabrieb von irgendeinem Club zweiter Wahl. Raus ins Leben ohne zu wissen wohin oder wieso, immer nur dem Puls hinterherstolpern, als wäre dem nicht der Instant-Kaffee querwärts reingegrätscht. Ziemlich bescheuert, aber auch liebenswürdig, so verloren in den endlosen Reihen des Supermarkts auf der Suche nach den Wahrheiten des täglichen Bedarfs. Bleibt am Ende nur ein kratzig verhaspeltes »Danke Ihnenso« und die Ahnung, dass nach Freud nicht immer gleich Leid kommt. KC »Lobster« by Maxine Ashley
2016 ist das Jahr des Hummers. Rot und wundgescheuert vom Bumsen bei Beybey, glasiert und von Mutterns Mutter eingebuttert mit hot sauce auf Reis bei Maxine Ashley, die das Private nicht politisieren will und damit genau das macht. Familienweites Hardcore-Chillaxen gegen Selbst- und Weltoptimierungszwänge with a side of kush. Mal rückwärts zu den Spiralsequenzen durch die Gänge trister Mehrfamilienhäuser schlendern anstatt Polizeikarren aufs Dach zu steigen und nur für wenige Sekunden am Ende die Kamera nach außen drehen, von wo die Welt sich mit rostigen Gitterstäben gegen deinen Elfenbeinturmhedonismus versperrt. Smoking good, living prosper und im Kreise der Liebsten verloren. Fuck. KC »Drone Bomb Me« by Anohni
from Anohni’s new album »Hopelessness«, out May 6th on Secretly Canadian
Es wäre eigentlich so furchtbar abgeschmackt bis völlig geschmacklos, Anohni und Genesis P. Orridge zu vergleichen, wenn beide neben ihrer bloßen Existenz im patriarchalen Kapitalismus dem nicht noch ganz andere wohlverdiente Schmerzen zufügen würden. Wo Throbbing Gristle aus Brutalität Schönheit gedeihen ließen, lässt Anohni die Schönheit mit Brutalität auf die überforderten Sinne einprasseln. Das Video zu »Drone Bomb Me« hat mit Naomi Campbell eine Warriorin, die Fetischobjekt und übersinnliches Medium zugleich ist, das perfekte Bilddouble zu den Digitalelegien von HudMo und OPN. Jede Träne ein erhabener Fickfinger in Richtung Sinéad O’Connors Prince-Verwurschtelung (no offense, ich habe auch 2 Ohren & 1 Herz), jeder stilisierte Dance Move durch ein Kaleidoskop gejagte reale Gewalt, jedes Frame ein Gegenentwurf zu den fünffach gescreenshotteten Memes, die du auf Instagram für summa summarum 13 Likes postest. Der perfekt choreographierte Kontrollverlust, der nur unterhalb festgefahrener Struktur stattfinden kann. Musikalisch wie visuell ein Gewaltakt reinster Verletzlichkeit. Anohni schafft in 4:10 Minuten das, was Fatima al-Qadiri nicht auf Albumlänge gelang KC »Reformer« by Darkstar & Empress Of
Ich weiß auch nicht, Kristoffer. Ich mag Antony am liebsten über Beerdigungsakkorde. Und damit hier zumindest ein bißchen Schmonz aufgeholt wird: Darkstar haben Empress Of ein Instrumental zugeschanzt, mit krummen Violinen und soviel Raum für Herzeleid, dass noch genug Platz für Antonys Tränensäcke geblieben wäre. FA »Synthfrilla« by Frak
from Frak’s new EP »Sudden Haircut«, out now on Dark Entries
Und weil nach dem ganzen Geflenne auch wieder Raum für Schabernack sein muss, bollern jetzt hier Frak mit den heiligen Zahlenkombinationen dazwischen. 808, 303, 101, Alter. Gab es zwar vor drei Jahren schon einmal auf Sex Tags Mania, aber über Dark Entries gibt es jetzt für den doppelten Preis auch Artwork und zwei neue Tracks. Außerdem heißt die EP nun »Sudden Haircut« und das ist ein faszinierendes Leiden, irgendwo zwischen »Public Erection« und »Internal Fart«. FA »Heartbeat (Chee Shimizu Edit)« by Colored Music
from Chee Shimizu’s new 7inch »Colored Music / Heartbeat«, out now
Wieder so ein japanisches Klugscheißer-Ding mit Mariah-Anknüpfungspunkten. Chee Shimizu editiert exklusiv für den japanischen Markt zwei Songs aus dem viel zu raren Colored Music Album von 1981 und weil 25 Euro für eine 7″ immer noch besser sind als 250 Euro für eine 12", googlet ihr euch mal die Finger wund. Hummer, zum zweiten heute. FA »Living Is Serious Business« by Aaron Fit Siegel
from Aaron Fit Siegel’s new 12inch »Living Is Serious Business«, out now on Fit
Cornils mit Rücken, ich postgrippal mit 160 Puls nach einmal Bücken. »Living Is Serious Business«, aber ist ja Wochenende jetzt. FA