Strophe Zwei? Shawn Carter überzeugt mit authentischem Money Rap, authentisch vor allem deswegen, weil kein anderer selbstgemachter Rapmäzen seiner Generation gleichermaßen Attitüde und Rapskills auf sich vereinigt, ohne gleichzeitig eine ganze Schar Ghostwriter auf der Gehaltsliste stehen zu haben. Müßig eigentlich darauf hinzuweisen, aber polemische Seitenhiebe auf Dr. Dre sind dieser Tage ausdrücklich erlaubt und auch erwünscht. Zudem beweist er auch Humor, der Papa Shawn, darüber haben wir uns mit Kollegen Kunze bereits in Privatkorrespondenz köstlich unterhalten und erfreuen uns auch nach wiederholtem Hören abermals über die gemeine Ausgrenzung der Ex-Gattin seines Busenfreunds Nasir Jones. Kelis heißt diese, auch wenn sie heute keine Rolle mehr spielt. Eine Rolle spielt hingegen die Superstarfreundin des dritten Protagnisten in der Runde, der nicht müde wird, diesen Umstand in jedem seiner letzten Songs auch ausdrücklich zu erwähnen. Dieser Kanye. Machen wir uns nichts vor: »Clique« is all about Kanye. Je mehr sich dessen Jovialität ins Unermessliche potenziert, desto mehr gefällt er uns! Auf »Clique« steigert sich sein Snobismus von Zeile zu Zeile: Frühstück bei Gucci, Small Talk in der Nachbarschaft mit Größen von CIA und Scientology, ein kurzes Auslassen und Unverständnis gegenüber den Weißen, das ihn zu der Erkenntnis führt, sich wie ein Israeli zu fühlen. Hä? Ergo: Der ganz normale Größenwahn eines unamerican Idols, der mittlerweile wie Elvis verehrt wird.
Das Gute an Kanye ist die brutale Ehrlichkeit seiner aufgeblasenen Arroganzdarlegung, weil sich diese textlich zum Ende hin zu einer Katharsis erstreckt und reinigende Wirkung erzeugt. Nahezu rührend wie er von der Depression berichtet, die der Tod seiner Mutter in ihm auslöste. Tragisch daran, dass Kanye zwar nicht an Selbstmord denken wollte, dennoch die falschen Schlussfolgerungen zog, wie die Referenz zu seinem Frühwerk und »Jesus Walks« in der Schlußzeile zu suggerieren scheint. Nichtdestotrotz, für uns bleibst du weiterhin einer der Allergeilsten, Kanye!