Vessel & Heatsick – Live am 8.5. im Berghain in Berlin

12.05.2014
Es dürfte schwer fallen, ein gegensätzlicheres Programm erfolgreich im selben Club zu vereinen, als dies bei der Veranstaltung »Certain People #18« im Berghain in Berlin der Fall war.

Manchmal sind es gerade die Gegensätze, die sich anziehen. Und es dürfte schwer fallen, ein gegensätzlicheres Programm erfolgreich im selben Club zu vereinen, als dies bei der Veranstaltung »Certain People #18« im Berghain in Berlin letzte Woche der Fall war. Bereits Heatsick eröffnete mit einem faszinierend eigenwilligen Live-Auftritt. Nur mit einem alternden Casio Sequenzer und einem Mikrofon ausgestattet erschuf Steven Warwick einen euphorischen Rave-Sound mit Lo-Fi Ästhetik. Dazu programmierte der Brite Drum Loops auf dem integrierten Midi Pad, überzog diese mit kitschigen Synthesizer-Flächen und unterstrich das Ergebnis schließlich mit dem gezielten Einsatz einer Handrassel. Das klang nach Acid House aus der Dose und war »herrlich bekloppt«, wie es Sebastian Hinz bereits in seiner Review zu Heatsicks »Re-Engineering EP« formulierte. Vor allem aber konnte Heatsick den sich füllenden Club mit seiner verspielten und auf das Wesentliche reduzierten Ernsthaftigkeit überzeugen und zum Teil auch in Bewegung versetzen.

Im Anschluss daran offenbarte Vessel mit schweren Rhythmen und Klangflächen geradezu ein ästhetisches Gegenstück zu seinem leichtgängigen Vorgänger. Dabei verband der Produzent aus Bristol Stakkato-Rhythmen, amelodische Elemente und Noise-Flächen zu stampfenden und verträumten beziehungsweise alptraumhaften Klanglandschaften. Bemerkenswert ist, dass es ihm dabei stets gelang, ein erkennbares System aus dem industriellen Chaos herauszubilden. Ein Umstand, den Sebastian Gainsborough bereits mit der Wahl seines Albumtitels »Order of Noise« auf dem Label Tri Angle Records treffend herausgestellt hat. So konnte er mit einem Gespür für die innere Rhythmik und mit Unterstützung von ruhigen, melancholischen Elementen den Kompositionen eine klare Struktur verleihen, welche sie davor bewahrte, in ein abstraktes und unnahbares Durcheinander abzudriften. Diese spannende Form von zugänglichem Noise offenbarte sich vor allem auf dem Track »Lache«, einem der wenigen Titel bei seinem Auftritt, welche bereits von seinen Platten bekannt waren. Für dieses intensive Erlebnis sorgte natürlich auch das Funktion One Soundsystem des Berghain, durch welches die Klangwand nicht nur hörbar, sondern auch physisch spürbar wurde.

Die Live-Band Jungle sorgte schließlich für einen leichten und geradezu versöhnlichen Abschluss. Mit ihrer Pop-orientierten Interpretation von positiven Funk und Soul-Rhythmen standen die Newcomer aus London in einem krassen Gegensatz zu der breit gestreuten elektronischen Experimentierfreude ihrer beiden Vorgänger. Doch gerade damit konnten sie das konträre Programm komplementär ergänzen.