Mit Suff Daddy als Carpet Patrol, mit doZ9 als T9, mit Audio88 & Yassin Teil der Normalsten Band der Welt – Torky Tork hat sich einen Namen gemacht. Aber selten als Solo-Künstler. Mit seinem Producer-Tape »AKA DER COACH« ändert sich das nun. Auf dem ersten Teil der Reihe agiert er vor allem als Matchmaker und Koordinator, bringt Döll und Neromun ebenso zusammen wie Nico K.I.Z. und Lugatti. Wir sprachen im Videochat mit Torky Tork über seinen Produktionsprozess, die Verbindung von Ableton und MPC und die Zurückhaltung des Routiniers.
2014 hast du im Interview mit uns gesagt: »Wenn ich Bock habe, Beats zu machen, dann muss so ein Stapel [Platten] da sein, den ich notfalls durchdiggen kann.« Ist das immer noch so?
Torky Tork: Es hat sich ein bisschen verschoben. Meistens digge ich jetzt online. Auf irgendwelchen russischen Blogs und solchen Seiten. Das ist eh schon super zeitintensiv. Vorher habe ich auch immer mit der MPC gearbeitet, die Platten aufgenommen und dort zerhackt. Die MPC ist aber mittlerweile so kaputt, viele Knöpfe funktionieren einfach nicht. Ich mache jetzt alles in Ableton.
Du hast die MPC durchgespielt.
Mal sehen. In der MPC ist eine Festplatte eingebaut, das sind 80 Gigabyte. Das ist alles noch voller Samples, ein riesiger Schatz. Früher habe ich die MPC auch überallhin mitgebracht. Bei der Platte mit Fid Mella, »Doposole«, konnte ich das wie ein Instrument benutzen. Er saß am Rechner, ich habe ihn mit Samples und Drums gefüttert.
Wie viel samplest du überhaupt noch?
Sampling ist noch der größte Bestandteil. Ich bin einfach nicht so krass an den Keys, bin mit Instrumenten nicht so gut. Ich brauche eine Basis. Ich mag es, das Alte mit dem Neuen zu verbinden. Ein Sample bringt schon eine eigene Mood und Geschichte mit. Bei einem guten Sample kommen sofort Gefühle auf. Jede Chord-Progression wurde sowieso schon durchgespielt. Dann digge ich lieber in anstrengendem Free Jazz, bei dem ich dann dieses eine winzige Schnippselchen raushole. Dann bearbeite ich das meistens so stark, dass es kaum wiederzuerkennen ist.
Bei den Beats deines neuen Tapes ist es häufig nicht genau zu erkennen, ob es sich tatsächlich um Samples handelt.
Genau das will ich. Teilweise ist es ja auch eingespielt. Am Ende darf ein weirdes 70er-Sample auch so modern wie ein Splice-Loop klingen. Heute kannst du so verrückte Sachen machen. Du nimmst ein ganz normales E-Piano, haust im RC20-Plugin irgendein Preset drauf, und es klingt wie eine Gitarre. Das kann man auch mit Samples machen. Sampling ist mein Ding und das muss präsent bleiben. Aber ich singe auch voll oft Melodien ein. Dann bearbeite ich die so stark, dass sie klingen wie ein Synthie. Was ich in meinem Kopf habe, landet direkt im Programm.
»Ein Sample bringt schon eine eigene Mood und Geschichte mit. Bei einem guten Sample kommen sofort Gefühle auf. «
Torky Tork
Ich finde es bemerkenswert, wie sehr du dich von der Retro-Boom Bap-MPC-Schiene emanzipieren konntest, in der du ja auch erste Bekanntheit erlangt hast.
Ich habe damals das gemacht, was heute Lo-Fi ist. Lo-Fi klingt eben wie ein müder J Dilla-Beat. Heute ist das zu einer Art Fahrstuhlmusik geworden. Da gibt es immer noch gute Musik. Für mich wäre das aber ein Schritt zurück, keine Weiterentwicklung. Ich liebe den Spagat zwischen alt und neu. Samples flippen, aber mit 808s und Claps.
Dieser Spagat war sehr deutlich zu spüren auf »Modus Minus« mit Eloquent, 2020 erschienen…
Das sind total düstere Samples, auch schwer und alt. Die Drums und Tempi geben dem einen neuen Anstrich. Trotzdem fühlt sich Eloquent auf diesen Beats wohl: Die Samples als alte Heimat, der moderne Twist als Herausforderung.
Da kommen wir zum Titel deines Tapes: »Torky Tork AKA DER COACH«.
Das Producer-Tag kommt von Holy Modee. Mir ist es immer wichtig, aus den Leuten etwas anderes herauszukitzeln. Ich habe keinen Bock, immer den gleichen Song zu machen. Es würde mir nicht reichen, längerfristig für einen bestimmten Sound zu stehen. Meine Musik muss unerwartbar bleiben.
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Dein Kumpel Suff Daddy trägt auch Mitschuld an der Entstehung deines neuen Tapes, oder?
Er hat gesagt: »Junge, du machst immer Beats für alle möglichen Leute, bist auf allen möglichen Alben vertreten. Aber du machst nie etwas für dich selbst.« Dass ich das von einem guten Freund gehört habe, hat etwas in mir ausgelöst.
Hast du manchmal das Gefühl, du verhältst dich als Dienstleister?
Wenn das mal vorkommt, ist es okay. Ich bin kein Typ, der sich krass in den Vordergrund stellt. Aber mit der Musik ernähre ich meine Familie. Deswegen muss ich mich auch in Interviews setzen und mein Gesicht in die Instagram-Story posten. Es war trotzdem jetzt gut für mich, ein Solo-Projekt anzufangen. Ich merke, dass mir das etwas gibt.
Auch auf deinem Tape protzt du nicht, sondern gestaltest deine Beats zurückhaltend und lässt den Rappern viel Raum.
Ich muss nichts mehr beweisen. Das ist die Erfahrung. Ich war immer schon einfach nur am Arbeiten und habe die Leute motiviert, ins Studio zu kommen. Ich finde es geiler, Leute zusammenzubringen, die sonst nichts miteinander zu tun haben. Rapper haben aus Coolheits-Gründen oft die Schwierigkeit, dass sie sich nicht trauen, den anderen anzufragen.
Du hast 17 Feature-Gäste auf deinem Tape. Wie kommt es, dass das nur Männer sind?
Das ist eine sehr gute Frage. Ich habe keine Ahnung, aber das nervt mich auch. Das Tape ist sehr organisch entstanden, die Features kommen von Leuten, die ich persönlich kenne. Es gibt ein paar Rapperinnen, die ich sehr feiere, die ich aber nicht persönlich kenne.
Hast du eine Traumkombi für das nächste Tape?
Das ist schwierig, weil ich schon einige Tracks mit Traumkombis habe. Als ich auf Social Media gefragt habe, wurde häufig OG Keemo genannt. Vielleicht Keemo mit einer Rapperin? Das fände ich auch krass.
AKA DER COACH